Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 1. Abteilung. Von den Anfängen bis zum Tode Friedrichs des Strengen (1381). (1)

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phano. Aber sonst wimmelt sein Werk von abergläubischen Mord- 
geschichten. Da soll zu Burgsdorf eine halb als Mensch, halb als 
Gans gestaltete Mißgeburt zur Welt gekommen sein; die hat natürlich 
als Folgen der Sünden des Zeitalters die Pest herbeigeführt. Er 
glaubt, daß aus der Uckermark gewöhnlich Unglück kommt, weil sie — nach 
Norden zu liegt, daß die Nacht über auf Gottesäckern und in Kirchen 
die Toten Messe halten, teils in ihrer früheren Gestalt, teils als bren- 
nenoe Lichter auf Leuchtern; als Augen- und Ohrenzeuge hat er auf 
seinem Landgute früh nach dem Hahnenschrei noch ein helles Licht 
gesehen und Töne gehört, gleich dem Grunzen der Schweine. Von 
einem Kirchenräuber weiß er eine grause Geschichte, dem es ganz ähnlich 
ging, wie dem Erzbischof Hatto von Mainz: er wurde von Mäusen, 
denen es Gott selbst befohlen, aufgefressen, obwohl er sich in einen 
ganz festen Platz geflüchtet und sich da in ein an der Decke be- 
festigtes Netz gesetzt hatte. Nach seinem Zeugnisse strömte die Leiche 
des frommen Bischofs Eido von Meißen einen guten Geruch aus; über- 
haupt kennt er einen besonderen bischöflichen, aber köstlichen Leichendunst, 
den man drei Meilen weit spüren könne. Von dem bei demselben Schrift- 
sieller geäußerten astronomischen, vhysikalischen und geographischen 
Unsinn könnten reiche Beispiele angeführt werden. Es genügt, darauf 
als bei einem nach damaliger Zeit gebildeten Manne vorkommend hin- 
zuweisen, damit man den Maßstab für die bei ungebildeten Leuten 
herrschende Finsternis ermessen mag. Und doch hatten früher schon 
bessere Kenntnisse, namentlich in den Klöstern, eine Pflegestätte ge- 
funden; aber die Kriegsläufte, das Überhandnehmen lediglich geistlicher 
Bildung, die vielfache Not der Zeit hatten nach dieser Seite hin auf 
die Entwickelung der Kultur gedrückt. 
Jedenfalls waren immer noch und noch auf lange Zeit hinaus 
die Klöster die einzigen Bildungsstätten, wo man neben einem bar- 
barischen Latein das sonstige kärgliche Wissen des Zeitalters mitgeteilt 
erhalten konnte. Größere Verdienste erwarben sich die Klöste= durch 
Förderung des Ackerbaues. Auch auf dessen Entwickelung hatten die 
politischen Ereignisse auf das bedeutendste eingewirkt. Die Abge- 
schlossenheit der deutschen Lande von der See, mit Ausnahme der 
Nordseeküste, hatte der Entwickelung eines deutschen Handels hindernd 
im Wege gestanden, dagegen die Entwickelung eines freien Bauern-
	        
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