Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

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gestellt und gelöst, die nicht nur die Sprache der Alten, sondern auch 
ihre Anschauung widerspiegeln sollten. Vor allem aber wurde in 
diesem Kreise die Scholastik der abfälligsten Kritik unterzogen, ja sogar 
über die von den Universitäten verliehenen Würden wurde auf das 
Geringschätzigste geurteilt. Hierdurch kam es nun zum vollendeten 
Gegensatz zwischen den Anhängern des Alten und den neuerungs- 
süchtigen Poeten. Es zeigte sich das dann in der Stellung der 
Humanisten und der Alten in dem oben erzählten Streit der Stadt 
mit dem Rate während des sogenannten tollen Jahres. Während die 
älteren Lehrer es mit dem Rate hielten und darum, wie z. B. Henning 
Goede, aus der Stadt wichen, blieben die Poeten in der Stadt und 
machten aus ihren Sympathien für die Sache der Gemeinde kein Hehl. 
Dabei hatte es freilich sein Bewenden; für ein energisches litterarisches 
Eingreifen in die Fehde war doch nicht die Lust vorhanden. Der 
dann ausbrechende Studentenkrawall vertrieb auch die Mutianer aus 
der Stadt, in die sie erst allmählich und nur zum Teil wieder zurück- 
kehrten. Die Blüte der Universität war dadurch geknickt. Luther hat 
bekanntlich, da er 1508 die Stadt schon verlassen hat, diese Episode 
des Aufruhrs nicht mit erlebt. Aber wir sehen, wie seine Studien 
und Entwickelungsjahre in die Zeit der humanistischen Umgestaltung 
der Universität fallen, und können nicht daran zweifeln, daß er von 
dieser geistigen Atmosphäre nicht bloß äußerlich berührt worden ist. 
Er hatte allerdings mit Mutianus Rufus keinen Verkehr, aber doch 
mit Männern dieses Kreises, wie Johann Lange und Crotus Rubianus. 
Wohl hat er dann gezeigt, wie sehr auch ihm die klassischen Studien 
am Herzen lagen, aber sie traten ihm vor den zur Zeit wichtigeren 
theologischen Fragen in den Hintergrund. Als aus diesem Kreise eine 
der köstlichsten Satiren aller Zeiten hervorging, die epistolae obscuro- 
rum virorum, an deren Abfassung hauptsächlich Crotus Nubianus 
beteiligt gewesen war, verhielt sich der positiv angelegte Luther recht 
ablehnend dagegen. Dieses Gegenstück zu den von dem belannten 
Gelehrten, dem Gräcisten und Hebraisten Johannes Reuchlin in 
seinem Kampfe mit den kölner Dominikanern veröffentlichten Zu- 
schriften berühmter Männer (epistolae clarorum virorum) war 
eine so gelungene, in Sprache und Inhalt den Angegriffenen so 
gut abgelauschte Hervorbringung, daß diese selbst im Anfange von
	        
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