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auch die Anweisung, nicht nur Böhmen zum vollen lirchlichen Gehorsam
zurückzubringen, sondern auch die von ketzerischem Geiste angesteckten
Nachbargebiete zu säubern.
Luther erschrak anfangs über die Schrift des Römers; denn noch
glaubte er völlig auf dem Boden der Kirche zu stehen; wenn aber der
Popst der Meinung seines Palastmeisters beistimmte, so war das ja
schon so viel, als ob er als Ketzer verurteilt und aus der Kirche
gestoßen sei. Doch ermutigte ihn der von allen Seiten sich kundgebende
Beifall; namentlich schlossen sich die wittenberger Kollegen an ihn an,
und in der Person des Georg Spalatin besaß er einen treuen Freund,
der das Vertrauen des Kurfürsten in reichem Maße genoß und bei
diesem zu seinen Gunsten sprach. So wandte er sich voller Mut auch
gegen die Angriffe des kölner Dominikaners Hoogstraten und des
Dr. Mayr von Eck in Ingolstadt, disputierte dann mit Erfolg zu
Heidelberg, wohin er als Distriktsvikar der Augustiner zu einem Kapitel
seines Ordens gegangen war, und zwar unter großem Zulauf namentlich
seitens der Universität. Nach Rom aber sandte er eine Rechtfertigungs-
schrift, in der er versprach, sich der päpstlichen Entscheidung zu unter-
werfen.
In diesem kritischen Zeitpunkt trat in der zweiten Hälfte des
Jahres 1518 der Reichstag zu Augsburg zusammen, berufen, um über
die Türkengefahr zu beraten und einen von Kaiser und Papst verab-
redeten Kreuzzug gegen die Ungläubigen in Szene zu setzen, entsprechend
dem Beschlusse des im März 1517 verabschiedeten Laterankonziles.
Der eigentliche Beweggrund war aber doch ein anderer, wennschon
die Türken ihre Raubzüge regelmäßig über Ungarn und die östlichen
österreichischen Kronländer, ja gelegentlich über Ssterreich selbst aus-
zudehnen pflegten; auch der Papst durfte sich in Italien nicht unbe-
dingt sicher fühlen; denn die türkischen Korsaren konnten jeden Augen-
blick, wenn ihnen der Einfall kam, eine räuberische Landung auch im
Kirchenstaat versuchen. Aber obgleich von einer wirklich drohenden
Gefahr recht wohl gesprochen werden konnte und mußte, so waren die
deutschen Fürsten weit davon entfernt, Maximilian und dem Papste
eine Hilfeleistung zu gewähren. Mit Ingrimm erinnerte man sich
der früheren Fälle, bei denen man sich getäuscht gesehen hatte; man
verwarf also zwar die Türkensteuer als eine unerhörte Neuerung, aber