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zwischen den Orthodoxen und Philippisten, übrigens in wohl-
meinendster Absicht klarlegte, allerdings so, daß die Hinneigung
zu den Heidelbergern zutage trat; nun hatte er an diesem Briefe
und dem anderen nach sofortiger Verhaftung Schützens und Stößels
ergriffenen Material den unwidersprechlichen Beweis, daß man
ihn so ganz allmählich zu einem Calvinisten hatte machen wollen.
Er fand aber auch, daß eine Anzahl hochgestellter Männer im
Einverständnis gewesen waren, wie der Kanzler Kysenwetter,
der Oberhofrichter von Zeschau, vor allem aber der kurfürstliche
Leibarzt und Professor zu Wittenberg, Kaspar Peucer und
der Geh. Kammerrat Georg Cracow. JZener, der Schwieger-
sohn Melanchthons, zu Wittenberg als Professor der Medizin
wie der Geschichte gleich angesehen, zeitweilig auch Rektor der
Universität, stand beim Kurfürsten in so hohen Ehren, daß
er ihn sogar 1571 zum Paten bei seinem jüngsten Prinzen
gemacht hatte. Auch die Kurfürstin hielt große Stücke auf ihn.
Nun las der Kurfürst Außerungen von ihm, wie z. B. in einem
Briefe an Schütz: „Hätten wir Mutter Annen erst, so sollt es
nicht not haben, den Herren wollten wir auch bald kriegen.“ — Ein
gleich bedeutender Mann war der aus Pommern gebürtige Cracow,
der von Greifswald nach Wittenberg als juristischer Professor
gekommen war. Nachdem er mehrfach auf Reichstagen tätig ge-
wesen war, zog ihn der Kurfürst nach dem Falle Ulrich Mord-
eisens an dessen Stelle als Kammerrat in seinen persönlichen
Dienst. Als solcher wirkte er bei der Exekution gegen Johann
Friedrich den Mittleren mit und bewies bei dem peinlichen Ver-
höre des ernestinischen Kanzlers Christian Brück eine unsym-
pathische Härte. Besondere Verdienste erwarb er sich bei der
Neuordnung der sächsischen Rechts= und Verwaltungsverhältnisse,
der sog. Konstitution des Kurfürsten August, vom Jahre 1572,
deren Redaktor er in der Hauptsache war. Auch er hatte, und
zwar etwas schärfer als Percer, in seinen Briefen seine Mei-
nung über die Kurfürstin an den Tag gegeben, indem er von dem
Gynäkeion (Weiberhaus) und der Gynäkokratie (Weiberherrschaft)
am sächsischen Hofe schrieb.
Der Kurfürst schäumte vor Wut und Rachsucht, daß man