Full text: Das Erzgebirge in Vorzeit, Vergangenheit und Gegenwart.

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mit 4 Walzenstraßen, 18 Schweiß- und 38 Puddelöfen, dem Fein— 
walzwerk mit 3 Schweißöfen, der Bessemerstahlanlage mit 2 Conver- 
toren und 3 Cupolöfen, einer Maschinenwerkstätte und einer Chamotte- 
ziegelei. Es wurden 120 000 Ctr. Roheisen, 51750 Ctr. Gußwagen 
aller Art, 75000 Ctr. Schienen und Walzeisen, 340 000 Ctr. Schienen 
mit Bessemerstahlköpfen, 185 000 Ctr. Bessemerrohstahl hergestellt. 
Die Summe der Beamten und Arbeiter schwankte zwischen 1550 
und 1650 Mann. 
Seit 1868 hat die Hütte eine Knappschaftscasse, welche den Ar- 
beitern bei Krankheitsfällen freie ärztliche Behandlung, sowie eine dem 
Arbeitslohne entsprechende Geldunterstützung gewährt. Bei Todes- 
fällen giebt sie einen Betrag zu den Beerdigungskosten, sowie Unter- 
stützung an Wittwen und Kinder unter 14 Jahren; bei Invalidität 
Pension, welche nach 25 Dienstjahren bis zu 50 Procent des Schicht- 
lohnes steigt. 
Während des Krieges 1870 mußten zwei Hohöfen ausgeblasen 
werden, doch schon 1871 stieg die Production wieder und das Jahr 
1872 wird von der Geschäftsleitung der Hütte selbst als ein epoche- 
machendes bezeichnet. Die allgemeiner werdende Verwendung von 
Eisen bei den verschiedenartigsten Anlagen, die bedeutenden in Angriff 
genommenen Eisenbahnbauten, die umfangreiche Verwendung von 
Eisen bei Schiffbauten 2c. riefen einen außerordentlichen Bedarf von 
Eisen aller Art hervor. Trotzdem, daß die Preise um 50 bis 60 
Procent stiegen, konnte der Bedarf nicht immer gedeckt werden. 
Die Production der Marienhütte betrug 1872 über 303 000 Ctr. 
Roheisen, über 101 000 Ctr. Gußwaaren, über 508 000 Ctr. Schienen 
von Bessemerstahl und über 342 000 Ctr. geschmiedeten Bessemerstahl. 
Ende 1872 ging die Hütte in den Besitz der „Deutschen Reichs- 
und Continental-Eisenbahnbau= (Actien) Gesellschaft" über. Der Be- 
trieb der Hütte ging aber zurück und 1875 schien eine rentable 
Herstellung von Roheisen nicht mehr möglich, so daß sämmtliche Hoh- 
öfen des Werkes nach und nach kalt gelegt wurden. 
Die Aufhebung der Eingangszölle auf Eisen= und Stahlwaaren 
brachte die deutsche Eisenindustrie in eine schwere und besorgnißer- 
regende Lage. Der Druck der ausländischen Concurrenz ließ keinen 
Geschäftsaufschwung zu. Die englischen Eisenwerke sind ja infolge 
glücklicherer Productionsbedingungen im Stande, um 20 Procent billiger 
zu fabriciren, als die deutschen, und können infolge der niedrigen 
Wasserfrachten billiger mitten nach Deutschland hinein liefern, als selbst 
die westfälischen. So wurden 1877 der Marienhütte selbst die Brücken- 
bleche aus England um 20 bis 25 Mark per Tonne billiger ange- 
boten, als sie überhaupt in Deutschland hergestellt werden können.
	        
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