Full text: Das Erzgebirge in Vorzeit, Vergangenheit und Gegenwart.

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regionen wiederholt besucht hat: so ist das wohl zuletzt ein Beweis, 
daß der eigenthümliche Reiz des Erzgebirges eine hohe und ausdauernde 
Anziehungskraft besitzt. . 
Wer Land und Leute kennen lernen will, der muß sie besuchen; 
das heißt, er darf nicht mit dem Eisenbahnzuge an ihnen vorüberfliegen 
und am oberflächlichen, flüchtigen Eindrucke sich genügen. Er muß 
Zeit und Aufmerksamkeit auf die Dinge wenden, welche ihm besonders 
kennenswerth erscheinen, sei es das Land, seien es die Bewohner, seien 
es die Industrieen. Er muß mit den Leuten verkehren und mit 
ihnen leben; ihre Arbeiten und die Erzeugnisse ihres Fleißes ebenso 
beachten, wie die landschaftlichen Formen von Berg und Thal. 
Die schönste Zeit im oberen Erzgebirge zu wandern ist in der 
Regel die letzte Mai- oder die erste Juni-Woche, wo die Nadelhölzer 
alle ihre frischen Triebe entwickelt, die Laubhölzer ihren vollen Blätter- 
schmuck entfaltet haben. In den niedriger gelegenen Gebirgstheilen 
entsprechend zeitiger. Aber auch der Herbst mit dem Schmuck der 
verschieden gefärbten Laubhölzer hat seinen besonderen Reiz, während 
der Nachsommer durch seine langen Tage und seine angenehme 
Temperatur besonders empfehlenswerth ist. 
Die angemessenste Weise ein Land kennen zu lernen, bietet das 
Fußreisen. Bei den zahlreichen Eisenbahnlinien jedoch, welche in das 
Erzgebirge führen, weit hinauf reichen, und eine den Bedürfnissen 
entsprechende große Anzahl von Zügen haben, so wie bei den viel- 
fachen Postverbindungen der einzelnen Städte, ist es selbstverständlich, 
daß man Eisenbahnfahrt, Postfahrt und Fußwanderung verbindet. 
Je nach dem Zwecke, welcher der Reise zu Grunde liegt, wird 
man mit Hülfe von Eisenbahn= und Postenfahrplan, mit der Karte 
in der Hand, seine Reise selbst entwerfen, sie naturgemäß an die 
Haupt--Eisenbahn= und Straßen-Züge anlehnen, und seinen Kräften 
und Bedürfnissen entsprechend die Ausdehnung der einzelnen Tage- 
reisen bemessen. Für die Eisenbahn= und Postfahrt giebt der Fahr- 
plan die entsprechende Anleitung. Für die Fußwanderung wird man 
sich eine bestimmte, gleichmäßige Tageseintheilung zum Gesetz machen, 
mag man sie nun auf den ganzen Tag, oder nur auf Theile desselben 
anwenden. 
Man steht z. B. früh 5 Uhr auf, frühstückt ½6 Uhr, macht 
sich zurecht, bricht um 6 Uhr im Sommer auf. Im Frühjahr und 
Herbst vielleicht ½ Stunde später, unbekümmert um die Frühnebel. 
Man steckt einige Lebensmittel, Paßkarte, Landkarte, Reise= und Notiz- 
buch, sowie Zeichenmaterial in die kleine Umhängetasche, das Köfferchen 
oder den Reisesack schickt man mit Post (zu sofortiger Bestellung) an das 
Tagesziel, um es dort vorzufinden. Man muß sich daran gewöhnen, 
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