156 VI. Landesverwaltung.
Waffengewalt angewendet werden, um einen Wider-
stand bei Entwaffnungen oder Verhaftungen zu
brechen.
Die äußerste Maßregel der Sicherheitspolizei ist
die Verhängung des Standrechts. Standrecht
kann angeordnet werden 1. in allen Fällen, in denen
sich eine Menschenmenge zu hochverräterischen Unter-
nehmungen sowie zu Verbrechen in bezug auf die
Ausübung staatsbürgerlicher Rechte zusammenrottet
oder der Tatbestand des Aufruhres, Auflaufes oder
Landfriedensbruches begründet ist, sofern die Ruhe
nur durch außerordentliche Gewalt wieder hergestellt
werden kann; 2. wenn in gewissen Gegenden Mord,
Raub, Brandlegung ungewöhnlich überhandnehmen,
vorzüglich aber wenn sich ganze Banden zu solchen
Verbrechen vereinigt haben und die ordentlichen
Mittel zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicher-
heit fruchtlos geblieben sind. Im Falle eines Auf-
ruhrs wird die Notwendigkeit des Standrechts durch
die Kreisregierung, Kammer des Innern, im Ein-
vernehmen mit dem Öberlandesgerichte oder bei
höchster Gefahr auf Verzug durch erstere allein er-
klärt; wegen Mordes, Raub oder Brandlegung kann
das Standrecht nur auf Antrag der Kreisregierung und
Gutachten des Oberlandesgerichtes nach Einvernahme
des Staatsrates durch den König angeordnet werden.
Die Wirkung des Standrechts ist, daß für die Bezirke
und für die Verbrechen, für die es verkündet ist, an
Stelle der ordentlichen Gerichtsbarkeit bzw. der
ordentlichen Strafen die Gerichtsbarkeit der Stand-
gerichte bzw. die Strafe des Erschießens für Urheber
und Gehilfen tritt. Nicht zu verwechseln mit dem
Standrechte ist der militärische Belagerungszustand,
d. i. eine wesentlich im Kriegsfalle veranlaßte Ein-
richtung der Militärjustiz, durch die auch Zivilpersonen
den Militärstandgerichten unterworfen werden.