$ 22. Verwaltungstätigkeit in bezug a.d. geistige Leben. 209
dem Religionsedikte, und in den zwei Anhängen hier-
zu, dem Konkordate und dem Edikte über die inneren
kirchlichen Angelegenheiten der protestantischen Ge-
samtgemeinde im Königreiche enthalten.
Das Konkordat ist als Staatsgesetz veröffent-
licht, aber nur als Anhang zum Religionsedikt,
und deshalb nur in beschränkter Weise gültig. Denn
das Religionsedikt, das dem Konkordate vorgeht, steht
mit ihm in mehrfachen Punkten in Widerspruch; es
wahrt überall das oberhoheitliche Aufsichtsrecht des
Staates und behält z. B. das staatliche Placet und
den Recursus ab abusu bei. Inwieweit hierdurch den
Verabredungen zuwidergehandelt wurde, darüber be-
steht Streit. Staatsrechtlich allerdings liegt die Sache
klar. Hiernach kann das Konkordat nur in dem Um-
fange auf Geltung Anspruch machen, als es von der
Regierung als Staatsgesetz veröffentlicht wurde. Als
solches gilt es aber nur insoweit, als seine Bestim-
mungen inhaltlich nicht mit. den Vorschriften des
Religionsediktes in Widerspruch stehen. Tatsächlich
ist demnach für die Beziehungen der Kirche zum
Staate (Rechte und Verbindlichkeiten der Kirchen-
gesellschaften gegen den Staat, unveräußerliche
Majestätsrechte des Regenten, Gewissensfreiheit und
Religionsausübung der Untertanen) das Religionsedikt
ausschließlich maßgebend, während Konkordat und
Protestantenedikt die übrigen inneren Kirchen-
angelegenheiten regeln, soweit nicht im Religions-
edikte selbst diesbezügliche Bestimmungen enthalten
sind. Auch die sogenannte Tegernseer Erklärung hat
an dieser Sach- und Rechtslage nichts geändert und
konnte auch nichts ändern, weil der König okne Mit-
wirkung des Landtags eine Auslegung einer Bestim-
mung der Verfassungsurkunde nicht geben konnte.
Jedem Einwohner Bayerns ist durch die Ver-
fassungsurkunde vollkommene Gewissensfreiheit