204 VI. Landesverwaltung.
zugesichert; er darf demnach in Gegenständen des
Glaubens und Gewissens keinem Zwange unterworfen
werden. Die einfache Hausandacht, d.h. die
häusliche Gottesverehrung im Kreise der Familie ist
jedermann gestattet; sobald sich aber mehrere Fami-
lien zur Ausübung ihrer Religion verbinden wollen,
ist hierzu die ausdrückliche königliche Genehmigung
erforderlich. Alle heimlichen Zusammenkünfte unter
dem Vorwande des häuslichen Gottesdienstes sind
verboten.
Die Wahl des Glaubensbekenntnisses
ist jedem Staatseinwohner nach seiner eigenen freien
Überzeugung überlassen; er muß jedoch das erforder-
liche Unterscheidungsalter (vollendetes 21. Lebens-
jahr) besitzen und darf sich in keinem die freie
Willensbestimmung ausschließenden Geistes- oder
Gemütszustande befinden. Niemand ist verpflichtet,
überhaupt einer Glaubensgesellschaft anzugehören.
Die Verleitung zum Übertritt durch Zwang oder List
ist verboten. Der Austritt aus einer Kirche, der Ein-
tritt in eine solche oder der Übertritt von einer
Kirche zur anderen muß bei dem einschlägigen Pfarrer
oder geistlichen Vorstande sowohl der neu gewählten
wie der verlassenen Kirche persönlich erklärt werden.
Durch den Religionswechsel gehen alle kirchlichen
Gesellschaftsrechte der verlassenen Kirche verloren,
nicht aber auch die allgemeinen staatsbürgerlichen
Rechte, Ehren und Würden.
Über die religiöse Erziehung der minder-
jährigen Kinder entscheiden die Eltern oder sonstigen
Erziehungsberechtigten, vorausgesetzt, daß nicht be-
reits durch die Kommunion oder Konfirmation die
Aufnahme der Kinder in eine Kirchengesellschaft er-
folgt ist. Der Tod der Eltern sowie die Auflösung
der Ehe haben auf die Religion der Kinder keinen
Einfluß. Die religiöse Erziehung der Kinder aus un-