822. Verwaltungstätigkeit in bezug a.d. geistige Leben. 207
auch den Mitgliedern der Kirchengesellschaften, die
durch Handlungen der geistlichen Gewalt sich be-
schwert erachten, die Anrufung des landesherrlichen
Schutzes (Beschwerde gegen den Mißbrauch der geist-
lichen Gewalt) zu. Jedes Mitglied einer Kirchen-
gesellschaft ist schuldig, sich der von dieser ein-
geführten Kirchenzucht zu unterwerfen; keine Kirchen-
gewalt kann aber Glaubensgesetze gegen ihre Mit-
glieder mit äußerem Zwange geltend machen, sondern
lediglich unwürdige Mitglieder nach den Bestimmungen
des Kirchenrechts entfernen. Ohne königliche Ge-
nehmigung dürfen keine Gesetze, Verordnungen oder
sonstige Anordnungen der Kirchengewalt veröffent-
licht und vollzogen werden (placetum regium, Plazet).
Die öffentlichen Kirchengesellschaften sind vermögens-
fähig und besitzen die juristische Persönlichkeit; die
Eigentumsfähigkeit der privaten Kirchengesellschaften
bemißt sich nach ihrer Aufnahmsurkunde oder, wenn
diese nichts darüber bestimmt, nach dem für Privat-
gesellschaften und Vereine bestehenden bürgerlichen
Rechte. Die bestehenden Kirchengesellschaften sind
sich wechselseitig gleiche Achtung schuldig; gegen
deren Versagung kann der staatliche Schutz angerufen
werden; Selbsthilfe ist dagegen nicht erlaubt. Jede
Kirche kann für ihre Religionshandlungen von den
Gliedern aller übrigen Religionsparteien vollkommene
Sicherheit gegen Störungen aller Art verlangen. Keine
Kirchengesellschaft kann verbindlich gemacht werden,
an dem äußeren Gottesdienst der anderen Anteil zu
nehmen, und ihre Mitglieder sind demnach auch nicht
schuldig, die besonderen Feiertage der anderen zu
feiern, sondern berechtigt, ohne Störung des Gottes-
dienstes des anderen Teiles und ohne Achtungs-
verletzung ihr Gewerbe und ihre Hantierung auszuüben.
Den Mitgliedern der öffentlich aufgenommenen Kirchen-
gesellschaften steht die Bildung einer eigenen Ge-