$6. Der Landtag. 33
Der Landtag setzt sich zusammen aus der
Kammer der Reichsräte und der Kammer
der Äbgeordneten. Jede Kammer hat das
Recht, ihr eigenes Bureau zu wählen, die Legiti-
mation ihrer Mitglieder zu prüfen und ihren Ge-
schäftsgang durch eine Geschäftsordnung zu regeln
sowie diese nach Bedarf zu ändern, jedoch unter
Beobachtung des Geschäftsgangsgesetzes vom
19. Januar 1872 und der sonstigen verfassungs-
mäßigen Bestimmungen. Jede Kammer berät und
beschließt selbständig; ein Beschluß entsteht aber nur
durch übereinstimmende Willenserklärung beider. Über-
einstimmende Beschlüsse werden dem Gesamtstaats-
ıministerium übersendet und von diesem dem König
unterbreitet; dieser bescheidet den Gesamtbeschluß
entweder sofort oder spätestens beim Schlusse der
Versammlung im Landtagsabschiede. Dem König
steht es frei, an welche Kammer er eine Angelesen-
heit zuerst bringen will; ebenso kann innerhalb ihres
Wirkungskreises jede Kammer einen Gegenstand zu-
erst anregen, wie auch jeder Staatsangehörige, inso-
weit er befugt ist, sich an den Landtag zu wenden
(jeder einzelne Staatsangehörige sowie jede Gemeinde
kann Beschwerden über Verletzung verfassungsmäßiger
Rechte an den Landtag bringen), die eine oder andere
Kammer angehen kann. Nur die Anträge über die
Staatsauflagen haben zuerst bei der Kammer der Ab-
geordneten, die Regentschaftsbeschlüsse zuerst an die
Kammer der Reichsräte zu gelangen. Jedes Kammer-
mitglied hat das Recht der freien Meinungsäußerung
und der freien Abstimmung nach Überzeugung. Kein
Landtagsmitglied kann wegen seiner Abstimmung oder
wegen der in Ausübung seiner Eigenschaft als Land-
tagsmitglied getanen Äußerungen zur Verantwortung
gezogen werden; es kann auch kein Mitglied während
der Dauer der Sitzungen ohne Einwilligung der Kammer
v. Sutner, Layern. 3