8 6. Der Landtag. 35
den im Besitze der bayerischen Staatsangehörigkeit
und der bürgerlichen Ehrenrechte sein. Dagegen ist
die Fähigkeit, erblicher Reichsrat zu werden, bedingt
durch den Besitz der bayerischen Staatsangehörigkeit
seit mindestens sechs Jahren, durch den Besitz des
erblichen bayerischen Adels und den Besitz eines mit
dem Lehen oder fideikommissarischen Verbande be-
legten Grundvermögens, von dem an Grund- und
Dominikalsteuern ein Simplum von 300 Gulden (rund
1458 Mk. Gaundsteuer) zu entrichten ist und wobei
eine agnatisch-lineale Erbfolge nach dem Rechte der
Erstgeburt eingeführt ist. Die Reichsratswürde geht
durch den Wegfall der gesetzlichen Voraussetzungen
ihrer Begründung verloren.
Die Kammer der Abgeordneten wird ge-
bildet durch die von den Staatsbürgern gewählten
Abgeordneten. Die Zusammensetzung dieser Kammer
hat seit dem Erlasse der Verfassungsurkunde wesent-
liche Änderungen erfahren. Die Wahl der Ab-
geordneten erfolgt nunmehr nach dem Landtagswahl-
gesetze vom 9. April 1906. Die Wahl ist wie bei
der Reichstagswahl eine unmittelbare und erfolgt
durch relative Mehrheit aller in einem Wahlkreise
abgegebenen gültigen Stimmen mit der Einschränkung,
daß der Gewählte wenigstens ein Drittel dieser
Stimmen auf sich vereinigen muß. Ergibt sich eine
solche Mehrheit nicht, so ist eine weitere Woahl-
handlung vorzunehmen, bei der die relative Mehrheit
ohne jede Einschränkung entscheidet; bei Stimmen-
gleichheit entscheidet das vom Wahlkommissär zu
ziehende Los. Voraussetzung der Wählbarkeit zum
Abgeordneten ist der Besitz der bayerischen Staats-
angehörigkeit, das zurückgelegte 25. Lebensjahr, die
Entrichtung einer direkten Staatssteuer seit mindestens
einem Jahre, das Nichtvorliegen eines von der Wahl-
berechtigung ausschließenden Grundes. Die Gesamt-
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