92 Die Dresdener Conferenzen. 1851
ganzen bisher geführten Verhandlung, eine Klage über die
Verkoppelung der beiden, gar nicht gleichwerthigen Fragen,
des Eintritts Gesan#mtösterreichs und der preußischen Parität,
eine Erklärung, daß man zu jeder erlaubten Concession bereit
sei, aber der Titel des Präsidialgesandten und die Leitung
der Sitzungen müsse Osterreich verbleiben. Den ganzen Arger
seiner Seele schüttete er dann noch in einem Privatbrief an
Manteuffel vom selben Tage aus. Unsere gemeinsamen
Vorschläge, sagte er, denen die Vertreter von neun Zehnteln
des deutschen Bundes beigestimmt, hat Preußen also fallen
lassen, wahrscheinlich aus gewissenhafter Rücksicht auf den
strengsten Bundesrechtsbegriff. Die neueste Wendung hat
in Paris alle Herzen mit Freude erfüllt; ich habe sichere
Anzeichen, und wundere mich nicht, daß wir mehr als einen
Judas in unserer Mitte haben. In Dresden, bemerkte er,
würde jetzt eine Menge neuer, ebenso lehrreicher wie absurder
Denkschriften erwachsen; er müsse es sich deshalb versagen,
wieder dorthin zu kommen und diese Ausarbeitungen anzu-
hören; ein solches Opfer könne von ihm das Vaterland nicht
zweimal fordern. Das Ohr der Gothaer blicke aus jeder
Verkleidung hervor.
Es zeugte von der ruhigen Stimmung, welche jetzt im
preußischen Cabinet herrschte, daß alle diese stachligen Liebens-
würdigkeiten nicht den Drang zu völligem Bruche hervor-
riefen. Im Gegentheil, so fest entschlossen man in der
deutschen Verfassungssache war, so hatte man doch den
dringenden Wunsch, im Ubrigen gute Beziehungen mit Öster-
reich zu erhalten, theils im Hinblick auf Rußland, theils in
der Sorge vor Übergriffen der französischen Republik unter
der Leitung des revolutionären Emporkömmlings Louis