Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

140 Dualismus im Bunde. 1851 
folglich in den wichtigsten Beziehungen der Conflict unver- 
meidlich. Die Aussichten in demselben schienen damals für 
Osterreich durchaus günstig zu stehen, da es sich am Bundes- 
tage einer selten schwankenden Majorität erfreute. Aus den 
Reihen der einst in der preußischen Union vereinigten Klein- 
staaten waren die beiden Hessen und Nassau längst in das 
österreichische Lager übergegangen; es brauchte dann nicht 
zahlreicher Nachfolger, um ein Mehr unter siebzehn Stimmen 
zu sichern, und die Zahl solcher Nachfolger war nicht gering. 
Seit Olmütz galt Osterreichs Gunst für wirksamer, seine Un- 
gnade für gefährlicher als die preußische; eine Menge adlicher 
Familien ließ ihre Söhne in kaiserlichen Dienst treten, und 
wirkte dann zu Hause für Osterreich; ohne Frage war auch 
der Wiener Hof auf dem Felde der persönlichen Bearbeitung 
thätiger und geschickter als der Berliner. In Frankfurt 
selbst kam der Einfluß des österreichischen Präsidiums 
hinzu, genug, der kaiserliche Wille war durchgängig das herr- 
schende Element im Bundestage, und Fürst Schwarzenberg 
war wahrlich nicht der Mann, um eine solche Quelle der 
Macht unbenutzt zu lassen. Er war sehr bereit zu dem in 
Rochow's Instruction begehrten Einvernehmen mit Berlin, 
unter der Voraussetzung, daß Preußen sich den Wiener Ab- 
sichten ebenso gefügig zeige, wie einst Ancillon dem Fürsten 
Metternich. Sollte aber Manteuffel sich herausnehmen, 
einen eigenen Willen zu haben, so meinte Schwarzenberg 
gerade im Bundestage das geeignete Werkzeug zu besitzen, 
denselben zu brechen und Preußen durch Mehrheitsbeschlüsse 
niederstimmen zu lassen, was dann in einfacher Folgerung 
zu dem Streben führte, die Competenz des Bundestags all- 
mählich zu erweitern, und Preußens selbständigen Wirkungs-
	        
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