6 Graf Brandenburg in Warschau. 1850
Berlin, daß auch Kaiser Franz Joseph mit dem Fürsten
Schwarzenberg, von der Bregenzer Zusammenkunft zurück-
kehrend, sich nach Warschau begeben würde. Der König er-
theilte sofort dem Grafen Brandenburg die Weisung, jedes-
falls die Ankunft der Osterreicher dort abzuwarten, und meldete
dies dem Kaiser Franz Joseph in einem eigenhändigen Briefe,
der im Gegensatze zu den Bregenzer Kriegsfanfaren mit
warmen Freundschaftsworten erfüllt war, und zum Schlusse
den Kaiser aufforderte, von dem Bundestage hinweg, der nur
Zwiespalt zu schaffen vermöge, sich dem preußischen Freunde
zuzuwenden, welcher mit ihm in Kurhessen dasselbe Interesse
habe, nämlich die Beseitigung des bösen Beispiels, welches
die dortigen Officiere und Behörden der Welt gegeben hätten.
Am 17. October Nachmittags kam Graf Brandenburg
in Warschau an. Schon nach einer Stunde befahl ihn der
Kaiser zur Audienz, empfing ihn äußerst huldvoll, nahm einen
Brief des Königs entgegen, und gestattete gleich nach der
ersten Begrüßung dem Grafen einen Vortrag über die schwe-
benden Angelegenheiten. Brandenburg erklärte die Unmög-
lichkeit, den sogenannten Bundestag anzuerkennen, die Bereit-
willigkeit, durch freie Conferenzen zu einer Bundesreform zu
gelangen, den Antrag, die dänische und die hessische Frage
durch besondere Commissionen zu regeln. Der Kaiser, be-
richtete Brandenburg dem Könige, hörte mich ruhig an, und
blieb auch ruhig während des mehrere Stunden dauernden
Gesprächs: er sagte, er verstehe alle unsere Wünsche, habe
die Nothwendigkeit von Anderungen der Bundesverfassung
selbst anerkannt und mehrmals ausgesprochen; er glaube aber,
daß unter den jetzigen Umständen der beste Weg die Aner-
kennung der seit dreißig Jahren bestehenden Verfassung sei,