Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

1850 Erstes Gespräch Brandenburg's mit Kaiser Nikolaus. 7 
deren Reform dann folgen könne. Als eenrenkee hienach 
die sechs Punkte entwickelte, gebrauchte er absichtlich das Wort, 
daß bei deren Verhandlung mit Osterreich die Vermittlung des 
Kaisers von großem Einfluß sein könne; Nikolaus aber griff 
dies mit einiger Lebhaftigkeit auf, und äußerte wiederholt, 
daß er keine Vermittlung beabsichtige. Er wünsche beiden 
Theilen alles Gute, hauptsächlich. Ruhe und Ordnung, wolle 
sich aber in nichts mischen. Brandenburg verkannte nicht, 
daß Nikolaus die Einmischung in die deutsche Frage nur des- 
halb ablehne, weil er den Osterreichern die Entscheidung 
darüber völlig frei halten wollte. Eine eigentliche Unterhand- 
lung würde also dort mit Rußland gar nicht, sondern nur 
mit dem Fürsten Schwarzenberg Statt finden können. Im 
Fortgange des Gesprächs lobte der Kaiser den Entschluß des 
Kurfürsten von Hessen, sich an den Bundestag zu wenden, 
betonte aber vor Allem die Nothwendigkeit einer schleunigen 
Entwaffnung Holsteins: es war deutlich, daß diese Sache 
der entscheidende Punkt für seine gesammte Haltung war. 
Wenn es gelingt, schrieb Brandenburg, die beiden Fragen 
durch Commissionen zu erledigen, so wird der Kaiser wohl 
ruhig bleiben; weniger klar ist, was im entgegengesetzten Falle 
geschieht, ob dann die bloße Überzeugung von dem frucht- 
losen guten Willen Preußens ihn beschwichtigen wird. 
Entgegenkommender in der Sache als der Kaiser zeigte 
sich der Kanzler Graf Nesselrode bei seinen Unterredungen 
mit Brandenburg. Er erklärte die sechs Punkte für sehr 
geeignet als Grundlage eines Übereinkommens zwischen den 
beiden deutschen Mächten, und erwirkte sich in der That eine 
Ermächtigung von dem etwas widerstrebenden Kaiser, dieselben 
dem Fürsten Schwarzenberg zu solchem Zwecke zu empfehlen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.