Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

1852 Österreichs Antrag auf Zolleinigung. 161 
spenstig bleibe, wurde im Geheimen den alten Freunden, 
Bayern, Württemberg, Sachsen, den beiden Hessen und Nassau 
ein weiterer Entwurf (Urkunde C) vorgelegt, durch welchen 
diese Staaten sich zur Zolleinigung mit Ssterreich ohne Preußen, 
also zum Austritt aus dem bisherigen Zollverein verpflichteten. 
Die Versammelten fanden darauf den Zweck der Urkunden 
A und B sehr schön, jedoch gab es zahlreiche Meinungs- 
verschiedenheiten über die einzelnen Bestimmungen. Auch unter 
den sechs Vertrauten kam es über die Urkunde C zu keinem 
Entschluß, als dem einer ernstlichen weitern Erwägung. Sie 
traten deshalb Anfangs April zu einer engern Conferenz in 
Darmstadt zusammen, wo zunächst verabredet wurde, in den 
weitern Verhandlungen als fest geschlossene Einheit aufzu- 
treten, und deshalb für sich die bisherigen Zollvereinsverträge 
als fortbestehend und verbindlich anzuerkennen, mit Preußen 
aber einen Vertrag über die Verlängerung des Zollvereins 
auf keinen Fall vor dem 1. Januar 1853 abzuschließen, so- 
fern nicht vorher eine Verständigung zwischen Osterreich und 
allen Zollvereinsstaaten erreicht worden wäre. Hierauf er- 
widerte Preußen in der Berliner Conferenz, daß die Zoll- 
einigung mit Osterreich eine sehr allmählich zu erreichende 
Sache der Zukunft sei; zur Unterhandlung eines inhaltreichen 
Handelsvertrags zwischen den Zollvereinen und Ssterreich sei 
man bereit, sobald die Fortdauer des Zollvereins über den 
1. Januar 1854 hinaus gesichert sei. Es wurde nun den ganzen 
Sommer hindurch auf allen Seiten unendlich viel gesprochen 
und verhandelt; allmählich stellte sich zwischen Preußen und 
den Darmstädter Verbündeten ein Einverständniß über den 
materiellen Inhalt sowohl des neuen Zollvereinsvertrags, als 
des österreichischen Handelsvertrags heraus. Aber unversöhnt 
v. Sybel, Begründung d. deutschen Reiches. II. 11
	        
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