Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

162 Dualismus im Bunde. 1852 
blieb die formale Differenz. Preußen beharrte auf seinem 
logischen Satze: erst die Erneuerung des Zollvereins und dann 
ein Vertrag des Zollvereins mit einem Dritten — und die 
Süddeutschen standen ebenso fest auf ihrer Forderung der 
gleichzeitigen Unterhandlung beider Gegenstände. Es war die 
praktische Frage: soll sich der Vertrag mit Ssterreich nach 
den Bedürfnissen des Zollvereins, oder die Gestaltung des 
Zollvereins nach den Wünschen Osterreichs richten? Endlich 
auf einer letzten Conferenz mit den Darmstädtern im Sep- 
tember hatte Preußen der sich im Kreise herumbewegenden 
Argumente genug; es erklärte die Auflösung der Conferenz 
und den Abbruch der Unterhandlung. 
In Wien erwartete man jetzt, daß die Südstaaten den 
Entwurf C vollziehen und auf Grund desselben ihren Zoll- 
verein mit Osterreich abschließen würden, womit dann Süd- 
deutschland dem preußischen Einflusse endgültig entzogen worden 
wäre. Nach der Aussage des Herrn von Beust wären damals 
Bayern und Württemberg dazu nicht übel geneigt gewesen; 
dem aber stand jene Darmstädter Abrede im Wege, jedesfalls 
unter einander zollvereint zu bleiben, und Sachsen lehnte nach 
der Lage seiner hochentwickelten Industrie den Verein mit 
Osterreich unbedingt ab. Es kam dazu, daß auch in den 
übrigen Staaten der Coalition die öffentliche Meinung sich 
trotz aller schutzzöllnerischen Interessen für die Erhaltung des 
alten Zollvereins mit Macht erhob, wozu, beiläufig gesagt, 
von Frankfurt aus Herr von Bismarck durch Einwirkung auf 
die Presse, Gründung von Vereinen, Aussendung von Agenten 
u. dgl. nicht wenig beigetragen hatte, wozu aber freilich die 
Natur der Dinge das Beste that. Die Regierungen der Coa- 
lition waren rathlos.
	        
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