Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

1853 Russische Pläne gegen die Türkei. 173 
sich wieder wie 1829 in der Vorstellung, die Türkenherrschaft 
liege durch innere Zerrüttung im Sterben; ihre christlichen 
Unterthanen, wovon in Europa zehn bis zwölf Millionen 
Glaubensgenossen Rußlands waren, ständen im Begriffe, 
das Joch des Halbmondes abzuwerfen; es wäre ehrlos und 
gottlos, sie davon abzuhalten, sie nicht zu ermuntern, nicht 
zu unterstützen. Damit wäre dann die Erbschaft des kranken 
Mannes eröffnet, und es würde nur noch darauf ankommen, 
bei der Regulirung derselben die Theilnahme abgeneigter 
Gefährten möglichst fern zu halten. In dieser Auffassung 
redete er im Februar 1853 mit dem englischen Gesandten in 
Petersburg, Sir Hamilton Seymour, erklärte, für sich nur 
ein Protectorat über die Moldau, Walachei und Serbien zu 
begehren, England aber Candia und Agypten überlassen zu 
wollen. Er hoffte auf die Unwiderstehlichkeit dieses Aner- 
bietens für England; sind wir Beide einig, sagte er, so 
brauchen wir sonst uns um Niemand zu kümmern; wenn ich 
Rußland sage, so sage ich damit auch Osterreich, denn unsere 
Interessen im Orient sind identisch. Preußen erwähnte er 
überhaupt nicht. Über Frankreich sprach er gegen Sir Ha- 
milton mit wegwerfender Feindseligkeit, was ihn jedoch nicht 
abhielt, als aus London eine kühle Ablehnung seiner Pläne 
erfolgte, denselben Versuch bei dem französischen Gesandten, 
Herrn von Castelbajac, zu wiederholen. Er fühlte sich seiner 
Sache bereits so sicher, daß er seine Pontusflotte in Se- 
bastopol zum Auslaufen bereit stellte, in Bessarabien eine 
starke Armee zusammenzog, und zur Überreichung eines ent- 
scheidendenden Ultimatums den Admiral Fürsten Mentschikoff 
nach Constantinopel sandte. Dessen Begehren ging auf einen 
Vertrag, in welchem die beiden Mächte sich die genaue
	        
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