Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

1853 Opposition der Westmächte und Österreichs. 175 
Gewässer gesandt. Die englischen Minister ließen sich An- 
fangs noch durch schöne Worte ihres hohen russischen Gönners 
einlullen; bei der Besetzung der Fürstenthümer erhob sich aber 
die öffentliche Meinung in London mit solcher Kraft gegen 
den Zaren, daß das Cabinet sich dem französischen Beispiele 
einer Flottensendung zum Schutze der Türkei anschloß. 
Nicht weniger bedeutsam war die Wirkung des russischen 
Verfahrens auf den Wiener Hof. Zwar die persönliche Ver- 
ehrung und Dankbarkeit des jungen Kaisers gegen seinen 
gewaltigen Nachbar blieb ungeändert, aber zu deutlich bedrohte 
dessen letzte Maaßregel die wichtigsten Lebensinteressen der 
Monarchie. Bereits umfaßte Rußland die Grenzen Öster= 
reichs im Norden und Osten: es ging nicht an, sich fortan 
auch im Süden durch dieselbe Riesenmacht umklammern zu 
lassen. Besondere Momente verschärften diese Erwägung. 
Die Freiheit der Donauschifffahrt wäre durch russische Fest- 
setzung in der Walachei der Willkür des Zaren vollständig 
überantwortet worden. Sodann erfuhr man, daß russische 
Agenten die christlichen Unterthanen der Türkei zur Erhebung 
gegen die Pforte anreizten. Nun aber war der größere 
Theil der türkischen Christen zwar religionsverwandt mit dem 
russischen Volke, aber stammverwandt mit den österreichischen 
Südslaven, und niemand konnte ermessen, wie leicht eine 
nationale Bewegung der erstern über die Reichsgrenze hin- 
übergreifen möchte. Allerdings gab im weitern Verlauf der 
Dinge Nikolaus für sich und seine Erben dem Kaiser Franz 
Joseph die feierliche Zusage, ein solches Übergreifen niemals 
dulden zu wollen: Graf Buol aber, ohne die Ehrlichkeit 
dieses Versprechens zu bezweifeln, hegte doch starke Bedenken 
gegen die Haltbarkeit desselben, und war also sehr bereit, in
	        
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