Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

188 Neues Bündniß zwischen Csterreich und Preußen. 1854 
Beobachter läugnen, daß bei der damaligen Lage Preußens, 
bei seinem Verhältniß zu Osterreich, bei der Schwäche des 
deutschen Bundes, die Neutralität die den Interessen des 
Staats einzig entsprechende Politik war. Die Vorstellung, 
daß Preußen durch einen kräftigen Angriff auf Rußland ganz 
Deutschland um sich gesammelt, und damit die nationale Ein- 
heit unter seiner Führung hergestellt hätte, ließe sich hören, 
hätte man bei einem solchen Kriege nicht zwei Bundesgenossen 
gehabt, welche preußische Bataillone sehr gerne mit den Russen 
im Streite gesehen, aber jede unitarische Regung in Deutsch- 
land dann um so rücksichtsloser zertreten hätten. Nur keine 
deutsche Einheit, erklärte Napoleon dem Herzog von Coburg. 
Kein Gedanke ist verruchter, als der der deutschen Einheit, 
sagte Buol ebenso bestimmt, wie einst Metternich. Genug, 
Bismarck's oben kurz wiederholte Gründe schließen über die 
Richtigkeit der Neutralität jeden Zweifel aus. Das Gepolter 
der französischen und mehr noch der englischen Zeitungen, 
daß Preußen damit auf den Rang einer Großmacht verzichte, 
war zwar kindisch, denn welche Großmacht würde sich anders 
als nach den eigenen Interessen entschließen, aber allerdings 
begreiflich genug, da man gar zu gerne die Hauptlast des 
Kriegs auf Preußens Schultern abgeladen hätte. 
Wäre man nur in Berlin dem weitern, von Bismarck 
unaufhörlich wiederholten Rathe gefolgt, trotz alles Schmähens 
und Drohens die Neutralität in ruhigem Muthe und stolzer 
Gelassenheit aufrecht zu halten. Dort aber ließ das Bild 
„des Tigersprungs vom Westen, her“ den Gemüthern keine 
Ruhe 1), und General von Gerlach drängte, da man bei 
1) Napoleon sagte einmal dem Herzog von Coburg ausdrücklich, 
er werde endlich doch Krieg gegen Preußen führen müssen.
	        
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