1854 Preußens Antrag auf ein Bündniß mit Osterreich. 189
England keine Stütze gefunden, sich jetzt, um nicht völlig
vereinzelt der Gefahr gegenüber zu stehen, an Osterreich zu
wenden. Wie, wenn Osterreich die von den Westmächten an-
gebotenen Conventionen abschlösse und dann die andern deutschen
Staaten in seine Kriegspolitik nachzöge? Wir sahen, wie
man im Januar, um sich überall freie Hand zu wahren, ein
von Osterreich angebotenes Neutralitätsbündniß abgelehnt
hatte: jetzt entschloß sich der König, denselben Antrag seiner-
seits nach Wien gelangen zu lassen, in der Hoffnung, damit
im Osten den Wiener Hof vom Kriege abzuhalten, und im
Westen Sicherung der deutschen Grenzen gegen Frankreich
zu gewinnen. Am 11. März schrieb er dem Kaiser Franz
Joseph, indem er ihm seinen Brief an die Königin Victoria
mittheilte, daß er diesen Schritt zwar sehr ostensibel, aber ohne
alle vernünftige Hoffnung auf Erfolg gethan habe. Ew. Maje-
stät, erläuterte er, werden verstehen, wie der Brief an die
Königin, ich möchte sagen, mit meinem Gewissen geschrieben
ist. Er soll einst Zeugniß von der Wahrheit ablegen, daß
ich den Beruf erkannt habe, den die göttliche Vorsehung auf
mich gelegt hat, nämlich der Mann und Fürsprecher des Frie-
dens zu sein, es sei Zeit oder Unzeit, gutes oder schlechtes
Wetter. Ich muß den Leuten die Wahrheit sagen, die Ge-
fahren schildern, die Furchtbarkeit der Verantwortung vormalen,
mag das Alles Erfolg haben oder keinen. Ich will eben
meine erkannte Schuldigkeit gethan haben. Gott der Herr
wird es lenken. Am Ende des Briefes erkläre ich mein Vor-
haben der absoluten Neutralität, und meinen festen Entschluß,
mit derselben die Unabhängigkeit Preußens gegen jeden, der
unsern Zwingherrn spielen wollte, zu vertheidigen mit allen
Heereskräften, über die ich gebieten kann.