Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

208 Zerwürfnisse. 1854 
reich im stillen Einverständniß mit Osterreich Truppen an 
seiner Ostgrenze sammle, um dieselben durch Süddeutschland 
nach Polen zum Angriff auf Rußlands verwundbarste Stelle 
ziehen zu lassen. Die englischen Zeitungen erläuterten, wenn 
die schläfrigen Deutschen nicht bald freiwillig ihre Pflichten 
gegen Europa erfüllten, werde man sie mit Schimpf und 
Schande auf den Kampfplatz schleppen, und gleichartige Dinge 
ließ die englische Diplomatie vernehmen, so daß der Minister 
von Manteuffel an die Möglichkeit einer Blockade der preu- 
ßhischen Küsten durch die verbündete Ostseeflotte zu glauben 
begann. Bismarck lachte darüber. An eine Blockade, schricb 
er, welche dem englischen Handel größern Schaden als uns 
zufügen würde, glaube ich nicht, bis ich sie sehe, und was 
den Durchmarsch einer französischen Armee betrifft, so wäre 
dagegen das einfache und durchschlagende Mittel die Mobil- 
machung von zwei preußischen und zwei süddeutschen Armee- 
corps; wenn wir uns absolut furchtlos zeigen, so wird man 
Respect vor uns haben. Indessen wurde der König von sehr 
ernsten, ebenfalls halb drohenden Briefen des Prinzen Albert 
heimgesucht, und durch deren Inhalt zu einem Versuche be- 
stimmt, nicht durch Mobilmachung, sondern durch Freundlich- 
keit den Sturm zu beschwichtigen. Er sandte deshalb einen 
seiner Generaladjutanten, den alten General von Wedell, ohne 
bestimmte Aufträge, aber mit einem schönen, von Neigung und 
Hochachtung überfließenden Briefe an Napoleon nach Paris. 
Die Wirkung dieses Schrittes aber war keine glückliche. 
Napolcon, voll von Dank für die gütige Gesinnung, ließ 
jedoch durch Drouyn de Lhuys den preußischen Gesandten 
Grafen Hatzfeldt fragen, ob es sich nur um das persönliche 
Verhältniß von Souverän zu Souverän, oder um ein Bündniß
	        
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