Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

1856 Der König gewinnt Napoleon's Unterstützung. 253 
Trefflichkeit und das Elend seiner mißhandelten Getreuen 
geschildert, erklärte er, daß er für sie im schlimmsten Falle 
den Krieg nicht scheuen würde; er wisse, daß der Kaiser ihm 
im Augenblick des Sieges in den Arm fallen könnte; er fürchte 
dies aber nicht; um so mehr würde er den Mächten gegen- 
über zu jeder mit der Ehre verträglichen Concession bereit 
sein. Er schloß dann mit dem Satze: ich schreibe diesen 
Brief mit blutendem Herzen, die Thränen in den Augen. 
Im Berliner Cabinet liebte man solche Herzensergüsse 
des Königs über politische Fragen nicht sehr; dieses Mal 
aber traf das Schreiben zum Zweck. Der Brief des Königs, 
sagte die Kaiserin Eugenie dem Grafen Hatzfeldt, hat den 
Kaiser tief gerührt. Was hätte ihm auch bei seinen Zukunfts- 
plänen Erwünschteres kommen können, als solche Stimmungen 
des Königs, deren Befriedigung auf lange hin ein warmes 
Einvernehmen beider Mächte in Aussicht stellte? Napoleon 
antwortete gleich am 24. September aus Biarritz. Er ver- 
hehlte dem König nicht, daß er als französischer Souverän 
nicht ohne Unruhe eine preußische Armee in der Schweiz 
erblicken würde, sagte aber um so nachdrücklicher seinen Bei- 
stand zu, die Schweiz auf friedlichem Wege zur Freilassung 
der Gefangenen zu nöthigen. In der That erging ein amt- 
liches Schreiben aus Paris nach Bern, welches in energischer 
Ausführung die Schweiz auf die schwere Gefährdung ihrer 
eigenen Interessen bei Fortsetzung des Processes aufmerksam 
machte, und ihr den dringenden Rath des Kaisers zur Nach- 
giebigkeit in diesem Punkte aussprach. Dann werde Napoleon 
bereit sein, ihr alle guten Dienste zur endlichen Lösung der 
ganzen Frage zu leisten. Im Weigerungsfalle aber, ließ 
außerdem Graf Walewski dem Bundesrathe sagen, würde
	        
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