1857 Abschluß. Verhältniß des Königs zu Napoleon. 271
neuen Sieg unter der Sanction Europas gewonnen hätten.
Im Übrigen konnte von einem materiellen Schaden keine Rede
sein; für den preußischen Staat war der Besitz Neuenburgs
werthlos, im Gegentheil, das Aufhören der Zwitterstellung
desselben ein Gewinn. Um so wichtiger aber waren für ihn
die mittelbaren Folgen des langwierigen Streites, und darunter
vor allem die Entwicklung freundlich naher Beziehungen zu
Frankreich. Wir bemerkten schon oben, daß Napoleon's
Mäßigung in der Benutzung seiner Siege bei dem Könige
die alte Sorge vor dem revolutionären Emporkömmling ge—
mildert hatte: jetzt war an deren Stelle ein warmes persön—
liches Verhältniß der beiden Souveräne getreten; im Juni
äußerte Napoleon in einem Privatbriefe an den. König, er
hoffe, daß die Gesinnung, nach welcher vor zehn Monaten
der König ihm zuverlässige Freundschaft angeboten habe,
fortbestehe; seinerseits sei er fortdauernd überzeugt, daß für
die Entwicklung der preußischen Macht und Größe nichts
förderlicher sein könne, als vertraute Beziehungen mit dem
überall durch gleiche Interessen geleiteten Frankreich. Der
König antwortete umgehend in lebhafter Zustimmung. Gewiß,
von hier bis zu einem Bündnisse mit Frankreich war der Weg
noch weit. Gerade in dem Kreise der persönlich dem Könige
vertrautesten Männer, den Führern und Schützern der in der
innern Politik mächtigen Kreuzzeitungspartei, lebte der Abschen
gegen den Erben der Revolution noch ungemindert fort, und
General von Gerlach schrieb in diesem Sinne eifrige Briefe
an Bismarck, als dieser nach seinen Pariser Beobachtungen
den Wunsch Napoleon's nach einer Zusammenkunft mit
dem Könige erwähnte, und dringend zu der Benutzung
solcher Stimmungen aufforderte. Bismarck rechtfertigte seine