284 Autritt der Regentschaft. 1857
während dilettantisches Naschen nach allen Richtungen den
Geist zerstreut und das Urtheil abschwächt.
Wir haben gesehen, wie nach solcher Vorbereitung der
Prinz, zum Manne herangewachsen, seine politische Wirksam-
keit begann, überall eine selbständige Auffassung bewährte,
mit schwerer Besorgniß der Einführung einer ständischen
Verfassung zustimmte, dann aber, nachdem die königliche Ent-
scheidung gefallen war, rückhaltlos und aufrichtig in die neue
Bahn eintrat, und sich auch durch die Insulten des Berliner
Straßen= und Zeitungspöbels 1848 weder beirren noch ver-
bittern ließ. Nicht immer, bemerkten wir, war er mit den
Wegen der preußischen Politik zufrieden: nimmermehr wäre
er nach Olmütz gegangen, nimmermehr hätte er preußische
Truppen ohne scharfen Schwertschlag im Angesichte des
Feindes das Feld räumen lassen. Bald nachher kam der
Krimkrieg, während desselben der harte Zusammenstoß mit
dem Bruder, und darauf der Zwang, die gegen ihn verdeckt
geführten Stiche der herrschenden Partei gelassenes Angesichts
zu ertragen. So in der schweren Schule des Lebens gereift,
im politischen Urtheil befestigt, in seinem Interessenkreis er-
weitert, trat er jetzt in die höchste irdische Stellung ein, eine
stattliche Gestalt, mit festem Schritt, im Antlitz den Ausdruck
ungesuchter Überlegenheit, mildes Ernstes und herzliches
Wohlwollens.
Suchen wir uns seine Persönlichkeit noch etwas näher
zu vergegenwärtigen.
Er war ein gläubiger Christ, der mit einfacher Über-
zeugung auf dem Bekenntniß der Vorfahren stand. Er war
weder zweifelnder Philosoph wie Friedrich der Große, noch
Liturgiker oder Theosoph wie Friedrich Wilhelm IV., und