296 Antritt der Regentschaft. 1858
zur Reife gediehen war, erfolgte zum 1. April in Sanssouci
die zweite Erstreckung der Stellvertretung; einige Wochen
später starb Alvensleben nach kurzer Krankheit, und damit
fiel der ganze Plan zu Boden. Gegen alles Vermuthen
ging auch der Landtag schweigend an der Frage vorüber.
Die feudale Partei hatte für's Erste ihre Forderungen durch-
gesetzt, der Prinz aber konnte in ihrem Verfahren nur eine
neue persönliche Kränkung erblicken, und wandte sich um so
entschiedener ihren Gegnern zu, so weit er bei diesen auf
zuverlässig monarchische Gesinnung rechnen durfte.
Sein Vertrauen gehörte in jenen Tagen vornehmlich
dem Herrn Rudolf von Auerswald, einem Manne von
reiner Gesinnung und warmer Vaterlandsliebe, einem treuen
Anhänger seines Königs bei gemäßigt liberalen Grundsätzen,
nach seinem Temperamente mehr zum Ausgleichen als zum
Durchgreifen, im Parteikampf mehr zur Hervorhebung der Be-
rührungs= als der Scheidungspunkte geneigt, bei jeder Ver-
handlung entgegenkommend und versöhnlich. Seine Ver-
bindung mit dem Prinzen reichte in ihre Knabenjahre zurück,
in die Zeit des Königsberger Exils nach dem Tilsiter Frieden.
Auerswald hatte im Sommer 1848 während seines Mini-
steriums die Rechte der preußischen Krone gegen die Über-
griffe der Frankfurter und der Berliner Nationalversammlung
tapfer vertheidigt, war aber 1852 als Oberpräsident der
Rheinprovinz wegen seiner Opposition gegen die feudale
Politik des Ministers Westphalen aus dem Amte entfernt
worden. Während dieser ganzen Zeit war ihm die Zuneigung
des Prinzen bewahrt geblieben. Im Sommer 1858 berief
ihn der Prinz zu einem längern Besuche nach Baden-Baden,
wo sich der Beschluß entschied, nicht länger als irgend nöthig,