Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

1859 Französisch-sardinisches Bündniß. 313 
dieses Bündnisses würde sich der Vetter des Kaisers, Jerome 
Napoleon, mit einer Tochter des Königs vermählen. Wie 
man nach der Vertreibung der Osterreicher Italiens Verhält- 
nisse gestalten würde, blieb einstweilen dem Gang der Er- 
eignisse anheimgestellt. Napoleon dachte an einen italienischen 
Staatenbund unter dem Ehrenvorsitz des Papstes, und Cavour 
erhob dagegen keine Einwendung, wenn nur kein ausländischer 
Fürst zu den Bundesgliedern zähle. Was die Einleitung des 
Kriegs betraf, so wollte man natürlich Europa nicht das 
Argerniß geben, plump heraus den Umsturz des seit 1815 
vertragsmäßigen Besitzstandes zu verkünden: im Gegentheil, 
streng auf dem Boden dieses Vertragsrechts würde man 
vorgehen. Zunächst würde Napoleon in Wien den Antrag 
stellen, den Papst zu Reformen im Kirchenstaat aufzufordern, 
damit dort die französischen und österreichischen Garnisonen 
überflüssig würden. Dann wollte man Osterreich, das stets 
legitime Osterreich, eines groben Bruchs der Verträge von 
1815 anklagen; diese hatten nämlich die souveräne Selb- 
ständigkeit der italienischen Staaten erklärt, und nun hatte 
Osterreich mit mehreren derselben Bündnisse geschlossen, in 
welchen dem Wiener Hofe sehr starker Einfluß auf die innern 
Verhältnisse jener Staaten zugestanden, die Selbständigkeit 
derselben also wesentlich beschränkt war. Hier dachte man 
einzusetzen und auf Grund der Wiener Congreßacte die Auf- 
hebung dieser rechtswidrigen Bündnisse zu fordern, woraus 
sich dann bei einer ablehnenden Antwort ein höchst anständiger 
Kriegsfall ergeben würde. Es war allerdings die Wider- 
legung eines solchen Ansinnens nicht schwer. Wenn jene 
Staaten selbständig waren, so hatten sie auch das Recht, 
Osterreichs starken Schutz durch Beschränkung gewisser Hoheits-
	        
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