340 Deutsche Reformfragen. 1859
ruhe war groß. Graf Rechberg, um Preußen zu treffen,
schlug auf den Herzog von Coburg, indem er in den schärfsten
Worten eine förmliche Rechtsverwahrung gegen dessen Zu-
stimmung zu der Gothaer Adresse erließ, und sie abschriftlich
nach Berlin unter Anheimgabe weiterer Maaßregeln mittheilte.
Das Übel aber wurde dadurch nur schlimmer, da der Prinz-
Regent sein volles Vertrauen auf die loyale Gesinnung des
Herzogs aussprach, der ja seinen Gothaern nur erklärt hätte,
worüber vor zehn Jahren alle deutschen Fürsten einig gewesen,
die Nothwendigkeit einer Bundesreform; ein Grund zur Rechts-
verwahrung gegen eine solche Meinungsäußerung sei nicht
erfindlich. Bald wurde auch weiter bekannt, daß die Absicht
der preußischen Regierung auf eine Reform der Bundeskriegs-
verfassung gehe, dieses heiligsten Palladiums der mittelstaat-
lichen Selbstherrlichkeit. Die Aufregung an den Höfen wuchs;
man wünschte allerseits sich über die Abwehr so schlimmer
Dinge zu verständigen, aber nach der Natur des Particularismus
erging es im Kleinen unter den Mittelstaaten genau so wie
am Bundestage im Großen: man wußte, was man nicht
wollte, aber was man wollen sollte, darüber gab es sehr ver-
schiedene Recepte. Freiherr Beust forderte die lässigen Collegen
zwar zu scharfen Maaßregeln gegen den Nationalverein auf,
erklärte aber zugleich, die Polizei allein reiche nicht aus, viel-
mehr habe man der Nation durch die That zu beweisen, daß
auch auf dem Boden der jetzigen Bundesverfassung schöne
Reformen möglich seien; wenn irgend thunlich, müsse man
dem preußischen Cabinet darin zuvor kommen. Er war bei
diesem Bestreben unermüdlich, conferirte in München mit
Bayern und Württemberg; Württembergs Minister Hügel
hatte dann eine Besprechung in Heidelberg mit Baden und