Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

1859 Mannigfaltige Pläne der Mittelstaaten. 341 
Darmstadt, während Beust sich in Wien mit dem Grafen 
Rechberg über harmlose Reformen zu verständigen suchte. 
Aber von diesem Beust'schen Schöpfungstrieb wollte der blinde 
König Georg von Hannover schlechterdings nichts wissen: er 
war der Meinung, eine bessere Bundesverfassung als die von 
1815 lasse sich gar nicht ersinnen; man solle sich also hüten, 
an dem Bestehenden irgend wie zu rütteln. Sein Minister des 
Außern, Graf Platen, fand zwar eine so extreme Haltung be— 
denklich; um so eifriger aber sprach sich der Minister des 
Innern, Herr von Borries, im Sinne des königlichen Gebieters 
aus, und erregte einen großen Sturm in der liberalen Presse 
durch eine Erklärung, ehe die deutschen Fürsten sich die an— 
gestammte Souveränität schmälern ließen, würden sie selbst 
die Hülfe des Auslandes nicht verschmähen. Wie König 
Georg, war auch der Kurfürst von Hessen nach den schönen 
Erfahrungen von 1850 erfüllt mit unbedingter Verehrung 
des Bundesrechts, nicht ahnend, welch' düstere Wolke in diesem 
Augenblick am Bundeshorizont selbst gegen ihn heraufstieg. 
Auch in Nassau, wo ein starkes bureankratisch-klerikales Regiment 
am Ruder saß, hätte man gegen den Standpunkt der reinen 
Negation keine Einwendung gehabt, würde aber doch, wenn 
die Genossen vorgingen, sich nicht ausschließen. Umgekehrt 
wäre in Baden zwar der gut österreichiseh gesinnte Minister 
von Meysenbug den Plänen des Herrn von Beust nicht ab- 
geneigt gewesen, hier aber blieb der Großherzog Friedrich 
fest auf dem Satze, daß einc wirkliche Reform nur durch 
gemeinsame Anträge der beiden Großmächte erreichbar sei. 
Er beschränkte sich auf seine alte Proposition eines Bundes- 
gerichts, deren Mängel wir schon früher kennen gelernt haben. 
So schwirrten die Meinungen und die Vorschläge bunt durch-
	        
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