342 Deutsche Reformfragen. 1859
einander. Endlich aber die Hauptmacht, auf deren Rückhalt
Herr von Beust hoffte, Osterreich, war doch nicht der Ansicht,
unter allen Umständen auf gleiche Linie mit den Mittelstaaten
zu treten. Gegen unitarische Bestrebungen Prcußens im Sinne
des Nationalvereins würde sie selbstverständlich Widerstand
auf Tod und Leben leisten. Dies war um so gewisser, je
größere Wichtigkeit nach den italienischen Verlusten für den
Wiener Hof seinc deutsche Stellung gewonnen hatte. Was
aber Graf Rechberg im Grunde des Herzens wünschte, war
inmitten alles Argers der letzten Zeit die Vermeidung eines
solchen Conflicis: es war nicht Krieg, sondern Verständniß
mit Preußen, und zwar lieber mit Preußen als mit den
Mittelstaaten. Ein Menschenalter hindurch hatte Fürst Metter-
nich in engster Freundschaft mit dem Berliner Hofe die Ge-
schicke Deutschlands geleitet: sollte es unmöglich sein, eine
Ernenerung dieses glücklichen Verhältnisses herbeizuführen?
Graf Rechberg wäre bereit, zu diesem Behufe gar manchem
Wunsche, der nicht geradczu gegen die Grundgesetze des Bundes
anstieße, entgegen zu kommen. Während des litterarischen
Haders nach Villafranca hatte er im August den Gedanken
angeregt und dafür bei Schleinitz Eingang gefunden, daß wie
in den alten friedlichen Zeiten keine der beiden Mächte einen
Antrag beim Bundestag ohne vorheriges Benehmen mit der
andern einbringe. Als Preußen von der Reform der Bundes-
kriegsverfassung zu reden begann, sprach Rechberg dem
preußischen Gesandten seine große Bereitwilligkeit aus, auf
die Sache einzutreten, und bat nur um baldige Mittheilung
der preußischen Vorschläge. Es war also einstweilen unsicher,
wie weit die Mittelstaaten hiebei auf Osterreichs Beistand
rechnen durften.