344 Deutsche Reformfragen. 1859
welches erst am 7. Juli die Wahl eines solchen Bundesfeld-
herrn in Frankfurt beantragt hatte, trotz aller vermittelnden
Worte Rechberg's sich den preußischen Vorschlag nicht an-
eignen würde; denn, bemerkte Rechberg, die kleinen nord-
deutschen Staaten würden sich dem preußischen Oberbefehl
schließlich unterwerfen müssen, im Süden aber würde Bayern
unüberwindliche Schwierigkeit gegen die Unterstellung unter
Osterreich erheben. Damit war das Schicksal des Vorschlags ent-
schieden; nach Frankfurter Brauch dauerte es freilich noch lange
Monate, bis der Ausschuß im Mai 1860, mit allen Stimmen
gegen eine, die Verwerfung desselben dem Bundestage zu
empfehlen beschloß.
Unterdessen aber hatte eine andere preußische Action bei
der Mehrzahl der deutschen Höfe ein nicht geringeres Argerniß
und eine, wenn möglich, noch peinlichere Stimmung hervor-
gerufen.
In der unglückseligen kurhessischen Verfassungssache hatte,
wie wir uns erinnern, der Bundestag eine Erklärung der Stände-
versammlung über etwaige Verbesserungen der Verfassung von
1852 begehrt, welcher hoffentlich die Zustimmung der Re-
gierung nicht fehlen würde. Hiebei zeigte sich nun die Festig-
keit und Zähigkeit des hessischen Volksstamms in glänzendem
Lichte. Zwar erhob sich bei der hoffnungslosen Lage kein
principieller Widerspruch gegen die Rechtsgültigkeit der
octroyirten Verfassung. Aber bei jener vom Bunde vorge-
schriebenen Prüfung derselben vermochte Hassenpflug weder durch
Überredung und Drohung, noch durch neue Octroyirung, die
Kammer und die Wähler von einer Forderung erweiterter stän-
discher Rechte zurückzuhalten. Der Kampf dauerte fünf Jahre
lang, und hatte keine andere Wirkung, als allmählich immer