346 Deutsche Reformfragen. 1859
und beantragte, dem Kurfürsten, wenn er hienach verführe,
die erbetene Garantie in Aussicht zu stellen. Dann wäre
endlich der heillose, seit Jahren am deutschen Körper nagende
Krebs mit milder Hand herausgeschnitten.
Allein diese anziehende Vorstellung sollte eine unver—
muthete Störung erleiden.
Nachdem der Ausschuß am 28. August 1859 der Bundes-
versammlung seinen Bericht erstattet, und von dieser die
Beschlußfassung auf den 20. October anberaumt worden war,
richtete Herr von Usedom an das preußische Cabinet die
dringende Bitte, jede Entschließung bis zum Einlauf einer
Denkschrift zu verschieben, in der er Preußens Stellung zu
der hessischen Frage beleuchten werde. Usedom hat sich nicht
immer als einsichtigen Diplomaten bewährt: dieses Mal aber
traf er, ebenso vom Herzen wie vom Verstande geleitet, den
Nagel auf den Kopf. In einem geschichtlichen Rückblick wies
er die Reihe der Rechtswidrigkeiten nach, auf welche sowohl
dic kurhessische Regierung als der Bundestag, leider unter
preußischer Mitwirkung, ihr Verfahren bei dem Verfassungssturz
begründet, und damit ein rechtlich überall nichtiges Werk ge-
schaffen hatten. Jetzt nahe der letzte Angenblick heran, in
welchem Preusßen sich unter dem Beifall der ganzen Nation
von dem gesetzwidrigen Treiben lossagen und den Bundestag
in die Schranken seiner rechtlichen Competenz zurückweisen
könne. Es sei eine selbstmörderische Politik gewesen, wenn
1852 das preußisehe Ministerium dem Bundestag die Befugniß
zuerkannt habe, als constituirende Gewalt in die innern
Rechtszustände der Einzelstaaten einzugreifen, und dann viel-
leicht auch einmal die preußische Verfassung abzuschaffen.
Die einzige rechtmäßige Aufgabe des Bundestags, auch in der