Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

356 Deutsche Reformfragen. 1860 
abstimmung die Annexion Toscanas und der Emilia (wie jetzt die 
vereinten Landschaften von Modena, Parma und der Romagna 
genannt wurden), an die sardinische Krone, und gleichzeitig die 
Einverleibung Savoyens und Nizzas in das französische Reich. 
Von dem großen Congreß war längst keine Rede mehr. 
Wohl aber hatte Napoleon seinerseits nach der Abwendung 
von Wien und Rom sonstige Anknüpfung gesucht, und zum 
Theil auch gefunden. Das englische Whigministerium nahm 
warmen Antheil an dem Emporstreben Italiens, und freute 
sich von Herzen an der Zertrümmerung des in Villafranca 
entworfenen Systems. Dazu kam, daß Napoleon schon seit 
einiger Zeit für Frankreich den Übergang von den bisher 
herrschenden Einfuhrverboten und Schutzzöllen zu den Grund- 
sätzen eines gemäßigten Freihandels im Sinne trug, in Eng- 
land auch dafür lebhaftes Entgegenkommen fand, und am 
20. Januar 1860 zur Unterzeichnung eines Handelsvertrags 
gelangte, dessen Consequenzen, wie wir bald sehen werden, 
auch für die Entwicklung unserer deutschen Zustände eine 
hohe Bedeutung gewannen. So weit war also das französisch- 
englische Einverständniß vollkommen. Auch in Rußland war 
zwar die Neigung zu Frankreich nicht mehr so warm wie im 
Frühling 1859, immer aber waren Kaiser Alexander und 
Fürst Gortschakoff auch jetzt noch der Ansicht, daß eine 
Triple-Allianz zwischen Rußland, Preußen und Frankreich 
eine wahre Friedensliga für das zur Zeit so beunruhigte 
Europa, und nebenbei, wie die russischen Gedanken weiter 
gingen, auch wohl ein trefflicher Rückhalt für Rußlands 
Stellung im Orient gegenüber Österreich und England sein 
würde. Napoleon hütete sich, derartige Andeutungen zurück- 
zuweisen: im Gegentheil, ganz im russischen Sinne machte
	        
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