Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

366 Deutsche Reformfragen. 1860 
die Militärhoheit; deren Verlust sei der Anfang des Endes, 
und die Fürsten dann Vasallen der Großmächte. Ein solcher 
Zwitterzustand sei auf die Dauer nicht haltbar; die Sou— 
veränität müsse entweder in ihrer Unumschränktheit und 
Heiligkeit walten, oder sie werde in kurzer Frist gänzlich 
erlöschen. 
Der stolze Welfe, der mit solchem Eifer für die Unan— 
tastbarkeit seines historischen Rechtes kämpfte, wußte nicht, 
daß vor dem letzten Jahrhundert seine erlauchten Vorfahren 
stets nur eine beschränkte und getheilte Souveränität besessen 
hatten, oder genauer, daß überhaupt der Begriff der un— 
getheilten Souveränität ein Erzeugniß erst sehr moderner 
Zeiten gewesen ist. 
Seinerseits lud der Prinz-Regent, um dem Congresse einen 
förmlichen Abschluß zu geben, auf Betreiben Badens, Wei— 
mars und Coburgs, am 18. Juni die sämmtlichen Souveräne 
zu einer Versammlung ein. In einer genau erwogenen Rede 
betonte er die Unverletzlichkeit des deutschen Gebiets, die er 
bei der Zusammenkunft mit Napoleon als Bedingung jedes 
guten Einvernehmens bezeichnet hatte, erklärte dann seinen 
Entschluß, bei seiner bisherigen innern und äußern Politik 
zu beharren, und sprach die Hoffnung auf baldige Her— 
stellung herzlicher Beziehungen zu Osterreich aus. Als 
darauf die vier Könige ihn um gemeinsame Maaßregeln 
gegen den Nationalverein bestürmten, lehnte er weitere Er- 
klärungen ab, und bewirkte sofort die Auflösung der Ver- 
sammlung:). Die hohen Herren trennten sich in sehr gemischter 
Stimmung. 
1) Ernst II., aus meinem Leben III, 46.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.