1860 Kaiser Franz Joseph und der Prinz-Regent in Teplitz. 371
betrachten, wenn deutsches Gebiet dabei verletzt werde. So
weit befand man sich im schönsten Einklang. Darauf aber
entwickelte der Prinz die gewünschten Gegenleistungen ster—
reichs, und hier blieb die Harmonie sehr unvollständig. Das
Alternat im Vorsitz des Bundestags lehnte der Kaiser ab,
ein altes Ehrenrecht seines Hauses sei für ihn unantastbar.
Fortschritte in der ständischen Gesetzgebung, so wie Gleich—
berechtigung der Confessionen erklärte er für innere Angelegen-
heiten, über die er keinen schriftlichen Vertrag eingehen könne,
sprach jedoch mündlich die Absicht aus, auf dieser Bahn
vorwärts zu schreiten. Darauf brachte der Prinz die in Frank-
furt schwebende Verhandlung über die Bundeskriegsverfassung
zur Sprache, erwirkte aber nur die Zusage, daß eine Conferenz
beiderseitiger Generale die Frage der Zwei= oder Dreitheilung
berathen sollte. Endlich über Schleswig-Holstein begnügte
sich der Kaiser mit der allgemeinen und dehnbaren Erklärung,
Osterreich werde die preußische Politik, welche auch die deutsche
sei, und sich auf dem gesetzlichen Felde bewegen werde, ent-
schieden unterstützen.
Am Abend brachte darauf der Prinz das Ergebniß des
Gesprächs, nach den einzelnen Gegenständen geordnet, zu
Papier, indem er nach Aufzählung der von Preußen be-
absichtigten Leistungen einen Paragraphen einschob, daß dafür
der Landtag keine Geldbewilligung machen würde, wenn ihm
nicht entsprechende Gegenleistungen Osterreichs vorgelegt
würden: aus diesem Grunde sei Preußen nicht im Stande,
Stipulationen durch Verträge oder Punctationen einzugehen.
Der Kaiser, welchem das von dem Prinzen unterzeichnete
Document bei der Abreise am 27. Juli vorgelegt wurde,
sandte es, ebenfalls von ihm mit seinen Gegenbemerkungen
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