Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

376 Streit über die Heeresreform in Preußen. 1859 
daß die Regierung nicht sogleich zu einer Reform des Herren- 
hauses, zu einer gründlichen Ausfegung dieses Nestes der 
Feudalpartei schritt. Man wollte nicht an der liberalen Ge— 
sinnung der Minister zweifeln, aber man hatte gehofft, daß 
so wackere Vorkämpfer der frühern liberalen Opposition jetzt 
als Minister mit festerem Griff die. Axt an die Wurzel der 
Reaction legen würden. Dann kam der italienische Krieg; 
die Bevölkerung, sahen wir, hatte nicht die geringste Lust, 
für Osterreich zum Schwert zu greifen, indessen traute doch 
auch hier dem unruhigen Napoleoniden kein Mensch, und der 
Landtag bewilligte ohne Widerstreben für die Kriegsbereit- 
schaft des Staates eine Anleihe von 40 Millionen Thalern 
und die Erhöhung der wichtigsten Steuern um 25 Procent. 
Freilich, als dann die große Mobilmachung erfolgte, um 
nach Villafranca wieder thatlos sich aufzulösen, und Osterreich 
und Frankreich wetteifernd alle Verantwortung des Unheils 
auf Preußen schoben, da stellte sich beim Volke die Meinung 
fest, es gehe leider auch jetzt nicht viel anders als 1850, 
Herr von Bonin scheine nicht mehr Kriegsmuth als damals 
Herr von Stockhausen, und Herr von Schleinitz nicht mehr 
Energie als damals Herr von Manteuffel zu haben. Vollends 
aber als der Nationalverein die Frage der deutschen Einheit 
wieder in das Leben rief, war man unzufrieden mit Schwerin's 
Antwort auf die Stettiner Adresse, in der man nichts als 
gewundene, sich gegenseitig aufhebende Sätze zu finden meinte. 
Es sind ehrenwerthe Männer, diese Minister, sagte man, aber 
der Behandlung großer Fragen nicht gewachsen; es fehlt 
ihnen an Kraft und Entschlossenheit, wenn sich wirklich ihre 
frühere Gesinnung nicht geändert hat. Das Volk muß die 
Augen offen halten.
	        
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