384 Streit über die Heeresreform in Preußen. 1860
in der Verwendung jeder Waffe der parlamentarischen Polemik.
Indessen bei all diesem Talent blieb die Hauptsache die un-
erschütterliche Festigkeit seines Willens und die rastlose Energie
seines Thuns. Man kann ihn nicht mit Bismarck und Moltke
auf eine Linie stellen, aber bei der damals über Preußens
Schicksal entscheidenden Frage hatte der Scharfblick des Re-
genten in der Auswahl seiner Rathgeber den rechten Mann
für die rechte Stelle gefunden.
Allerdings in einer Beziehung erschwerte für den Augen-
blick seine Ernennung die Lage. Bei den liberalen Parteien
wuchs das Mißtrauen gegen die allgemeine Tendenz der
Regierung. Man hielt Bonin mit gutem Grunde für liberal,
und Roon, so wenig er bisher hervorgetreten war, mit gleich
richtiger Vermuthung für absolutistisch. Man meinte, die Zeit
des Nichtdrängens sei abgelaufen; man thue den liberalen
Elementen des Ministeriums einen Dienst, wenn man ihnen
den Rückhalt eines starken Volkswillens zeige.
Unter solchen Umständen wurde die Landtagssession am
12. Januar 1860 eröffnet. Die Thronrede des Regenten
erwähnte Preußens Bestrebungen für die Bundesreform,
Kurhessen und Schleswig-Holstein, und ging dann zur An-
kündigung der Heeresreform über. „Die letzten Jahrzehnte,
sagte der Regent, haben Opferwilligkeit und Streitbarkeit der
Bevölkerung, aber auch tief empfundene Ubelstände im Heer-
wesen herausgestellt, deren Beseitigung meine Pflicht und
mein Recht ist. Es ist nicht die Absicht, mit dem Vermächtniß
einer großen Zeit zu brechen; die preußische Armee wird
auch in Zukunft das preußische Volk in Waffen bleiben.
Gewähren Sie einer reiflichst erwogenen, die bürgerlichen wie
die militärischen Gesammtinteressen gleichmäßig umfassenden