1860 Vorlagen über die Reform im Landtage. 385
Vorlage Ihre vorurtheilsfreie Prüfung und Beistimmung.
Sie wird nach allen Seiten hin Zeugniß geben von dem
Vertrauen des Landes in meine redlichen Absichten. Der
Vertretung des Landes ist eine Maaßregel von solcher Be-
deutung für den Schutz und den Schirm, für die Größe und
Macht des Vaterlandes noch nicht vorgelegt worden.“
Es waren schlichte und deshalb doppelt nachdrückliche
Worte. Sie konnten keinen Zweifel darüber lassen, daß der
Regent in dieser Frage den Brennpunkt seiner Politik erblickte,
jede andere Rücksicht von dieser höchsten abhängig machte,
und als Freund oder Feind einen Jeden betrachten würde,
welcher dieser Vorlage Helfer oder Gegner wäre. Wenn die
Liberalen hier klug sind, sagte der frühere Ministerpräsident
von Manteuffel, so ist ihnen auf lange Jahre der Besitz der
Macht gesichert. Es war aber bestimmt, daß nicht die Libe-
ralen, sondern ihre Gegner diese Klugheit haben sollten.
Am 10. Februar 1860 brachte die Regierung zwei
Gesetzentwürfe, über die Regelung der Dienstpflicht und über
die Bewilligung von 9 ½ Millionen Thalern, in das Haus
der Abgeordneten ein. Die Commission, der sie überwiesen
wurden, wählte Georg von Vincke zu ihrem Vorsitzenden und
den Generalmajor außer Diensten Stavenhagen zu ihrem
Berichterstatter. Der Letztere genoß damals eines großen
Vertrauens der liberalen Partei in militärischen Dingen; er
war ein rechtschaffener und ehrenhafter Mann, ohne die bei
verabschiedeten Officieren so häufige Verbitterung. Aber auch
er entzog sich der herrschenden Strömung nicht. Allerdings
war er völlig einverstanden mit der auf 63000 Mann zu
verstärkenden Aushebung, und hatte auch keine Einwendung
gegen die beabsichtigte Vermehrung der Linienregimenter.
v. Sybel, Begründung d. deutschen Reiches. II. 25