388 Streit über die Heeresreform in Preußen. 1860
der Regierung für die nächsten vierzehn Monate neun Mil-
lionen zu bewilligen, zum Zwecke „der Aufrechthaltung und
Vervollständigung derjenigen Maaßnahmen, welche für die
fernere Kriegsbereitschaft und die erhöhte Streitbarkeit des.
Heeres erforderlich, und auf den bisherigen gesetzlichen Grund-
lagen thunlich sind“. Dies führte zu einer Verhandlung von
schlimmen Folgen. Patow erklärte der Commission, daß der
definitiven Regelung aller Fragen durch den Vorschlag nicht
präjudicirt werde; es handle sich um ein Provisorium; wenn
später das Haus die Mittel nicht bewillige, könne Alles wieder
reducirt werden. Später, bei der Verhandlung im Hause selbst,
schränkte er den Sinn seiner Worte dahin ein, er bezeichne den
jetzigen Zustand nur in dem Sinne als einen provisorischen,
daß ein Definitivum erst nach einer nochmaligen Berathung im
Landtag, nämlich bei der Feststellung der Kosten im Budget,
entstehen könne. Aber die Mehrheit des Hauses, und wie sich
bald zeigte, auch im Lande, hielt fest an der ursprünglichen
Erklärung in der Commission, daß es sich nur um vorüber-
gehende Maaßregeln handle, die bei einer Ablehnung durch
den Landtag unter Herstellung des frühern Zustandes zurück-
genommen werden würden. Nachdem dann Vincke wieder mit
großem Eifer Namens der Commission die zweijährige Dienst-
zeit und die Erhaltung der Landwehr als unerläßlich bezeichnet
hatte, wurden die neun Millionen für das laufende Jahr
beinahe einstimmig bewilligt. Das Herrenhaus folgte diesem
Beispiel, fügte aber eine einstimmige Resolution hinzu, worin
es in scharfem Gegensatze zu dem andern Hause die Re-
gierung dringend aufforderte, an dem ursprünglichen Reform-
plan festzuhalten, und alle dazu erforderlichen Maaßregeln
kräftig zur Ausführung zu bringen.