Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

1861 Schärfung der Opposition. 393 
wollte indeß die Mehrheit doch nicht gehen. Gegen den Fort- 
bestand der neuen Regimenter hatte sie nichts, wohl aber 
wünschte sie das Ministerium zur Vorlage eines Gesetzes über 
die Dienstpflicht zu nöthigen, um bei dessen Beschließung die 
zweijährige Dienstzeit und die Erhaltung der Landwehr in 
der Feldarmee durchzusetzen. Um dies zu erreichen, galt es, 
eine Verletzung der alten Gesetze durch das neue System 
nachzuweisen, zu deren Legalisirung ein neues Gesetz erforder- 
lich wäre: und man muß es gestehen, es war kein glänzen- 
des Argument, welches man für diese Auffassung in das 
Feld führte. Man sagte, daß die Überweisung mehrerer 
Jahrgänge der Landwehr an die Kriegsreserve der Linie, wie 
das neue System sie ein für alle Male vorschreibe, in dem alten 
Gesetz nur für die Zeit nach dem wirklichen Ausbruch des 
Krieges gestattet sei, nicht aber für die Mobilmachung vor 
dem Kriege. Für dies Letztere sei also ein neues Gesetz 
erforderlich. 
Nach dieser Theorie hätte der alte Gesetzgeber zuerst 
die Bataillone in Friedensstärke vor den Feind führen wollen, 
um ihnen die Reserven erst nach Beginn des Kampfes nach- 
zusenden. Da ein so absurder Satz nicht zu behaupten war, 
so half man sich mit der Unterscheidung, es gebe außer der 
Mobilmachung zum Kriegszweck auch solche zu bloß diplo- 
matischen Demonstrationen, wie man sie 1850 und 1859 erlebt 
habe, und bei dergleichen sei die Heranziehung von Land- 
wehren nach dem alten Gesetze absolut unstatthaft. Aber 
auch diese Erörterung war nicht besser begründet. In den 
beiden angeführten Fällen hatte es sich in Wahrheit um sehr 
ernste Kriegsgefahr gehandelt, und überhaupt bleibt jede 
Mobilmachung, auch wenn man dabei vielleicht noch auf
	        
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