Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

1862 Mehrheit der Opposition im Hause der Abgeordneten. 421 
wehr in der Feldarmee, oder für den erhebenden Gedanken 
der deutschen Einheit: aber aller Orten schlugen die einladenden 
Losungsworte der zweijährigen Dienstzeit und der geringeren 
Steuerlast durch. Das Ergebniß der Wahlen am 6. December 
war eine vollständige Niederlage der conservativen Fraction, 
die auf 24 Stimmen zusammenschmolz, und ein großer 
Triumph der Fortschrittspartei und der ihr befreundeten, ge- 
mäßigten Liberalen, welche alle Aussicht gewannen, über die 
Mehrheit in dem neuen Hause zu verfügen. Die Regierung, 
von dem Wunsche beseelt, zu friedlichem Schlusse zu gelangen, 
brachte nach der am 14. Januar 1862 erfolgten Eröffnung 
der Session gemäß dem Begehren des frühern Hauses einen 
Gesetzentwurf über die Dienstpflicht ein und kündigte weitere 
Ersparnisse im Militäretat an. Zugleich wurden Gesetzent- 
würfe über Aufhebung der gutsherrlichen Polizei und über 
Einrichtung einer liberalen Kreisordnung vorgelegt; ein dritter 
Entwurf über die Oberrechenkammer sollte die bisher dort 
übliche Praxis in Budgetsachen als bleibendes Gesetz fest- 
stellen; ein vierter endlich unter Abänderung des Verfassungs- 
paragraphen, der jedem Hause des Landtags das Recht der 
Ministeranklage gab, die Anklage nur auf einen gemeinsamen 
Beschluß beider Häuser zulässig machen. Der Gesammtein= 
druck dieser Vorlagen auf die Abgeordneten erwies sich wenig 
günstig. Die beiden liberalen Gesetze, sagte man, würden 
sicher im Herrenhause verworfen; von dessen Umgestaltung 
sei so wenig die Rede, daß vielmehr jede Ministeranklage an 
seine Zustimmung gebunden würde. Die Bilanz der Gesetz- 
entwürfe falle mithin zu Gunsten der Rcaction: und dafür 
solle dann das Land die dreijährige Dienstzcit und die Kosten 
der neuen Regimenter auf sich nehmen!
	        
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