Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

1862 Streit um Heeresreform und Etatsrecht. 425 
streichen. Ihr pocht, sagte man, auf das Gesetz von 1814, 
nun wohl, wir gebrauchen unser Budgetrecht; ihr beruft die 
Soldaten und formirt die Bataillone, das ist Euer Recht; 
wir verweigern Euch die dazu erforderlichen Geldmittel, das 
ist unser Recht. Eben jetzt bot sich ein Anlaß, schon im 
Voraus die Wirkung eines solchen Beschlusses im Einzelnen 
zu sichern. Am 6. März kam der Commissionsbericht über 
den Gesetzentwurf, betreffend die Oberrechenkammer, auf die 
Tagesordnung. Der wichtigste Satz desselben enthielt die 
gesetzliche Feststellung des bisherigen Brauches, nach welchem 
im Etat nur die Hauptsumme der einzelnen Titel, nicht aber 
die einzelnen Positionen, aus denen jene sich zusammensetzten, 
für die Regierung bindend waren. Dagegen stellte der Ab- 
geordnete Hagen den Antrag, schon für das laufende Jahr 
den Etat zu specialisiren, d. h. auch jene einzelnen Positionen 
für die Regierung verbindlich zu machen. Die Spitze des 
Antrags richtete sich, wic bald nachher öffentlich erklärt wurde, 
gegen die Militärverwaltung. Man wollte verhindern, daß 
bei den hohen Beträgen der bisherigen Haupttitel die Re- 
gierung an verschiedenen Stellen so viel herausspare, um die 
neuen Formationen aufrecht zu halten. Obgleich der Finanz- 
minister die Unausführbarkeit der Maaßregel für den vor- 
liegenden Etat von 1862 erläuterte, für 1863 die Speciali- 
sirung selbst durchzuführen versprach, und am Schlusse seines 
Vortrags sehr deutlich die Cabinetsfrage stellte, nahm das 
Haus den Hagen'schen Antrag mit 177 gegen 143 Stimmen an. 
Es war die offene Kriegserklärung des Hauses gegen die 
gesammte Heeresreform, aus allen Theilen des Landes mit 
zustimmendem Jubel begrüßt. Es war auch der Ausgang 
der neuen Aera.
	        
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