Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

426 Conflicte auf allen Seiten. 1862 
Die liberalen Minister hatten im Abgeordnetenhause nur 
noch eine schwache Minderheit für sich, und waren dem Herren- 
hause nach wie vor verhaßt geblieben. Bereits hatte der 
Fürst von Hohenzollern sich factisch zurückgezogen, und Herr 
von Auerswald war dauernd erkrankt. Am 8. März reichte 
das ganze Cabinet dem Könige seine Entlassung ein. Der 
König aber genehmigte sie nicht, sprach vielmehr den Ministern 
sein Vertrauen aus, und forderte sie auf, ihm die für die 
Lage erforderlichen Maaßregeln zu bezeichnen. Uber die 
erste derselben war man einig: es war die Auflösung des 
Hauses der Abgeordneten, die um so wünschenswerther erschien, 
als am 11. März die Verhandlung über die deutsche Frage be- 
vorstand, welche die Regierung um jeden Preis zu vermeiden 
wünschte. Eben am 11. wurde demnach die Auflösung 
verfügt. 
Über die weiteren Entschließungen aber gingen die ver- 
schiedenen Elemente des Cabinets auseinander. Um der auf- 
geregten öffentlichen Meinung die gute Gesinnung der Re- 
gierung zu bekunden, beantragte Graf Schwerin, den Entwurf 
der Kreisordnung noch weiter den Wünschen der liberalen 
Majorität anzupassen. Die Herren von der Heydt aber und 
von Roon warnten, man würde dadurch die für die Heeres- 
reform so wichtige Freundschaft des Herrenhauses auf das 
Spiel setzen. Überhaupt sei nach den letzten Erlebnissen 
gegenüber dem Abgeordnetenhause nicht durch Zurückweichen, 
sondern nur durch Festigkeit irgend ein Erfolg zu erhoffen. 
Der König fand, daß man Schritt auf Schritt sich schon zu 
weit nach Links habe drängen lassen; er besorgte, die conser- 
vative Basis endlich ganz zu verlieren, und lehnte also 
Schwerin's Anträge ab. Die unmittelbare Folge war der
	        
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