Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

1862 Preußens drohende Haltung. Schließlicher Erfolg. 437 
daß dieses Verfahren Preußen bei fortgesetztem Eigensinn 
und passivem Widerstand des Kurfürsten in eine ernste Lage 
führen konnte, da gegen eine dauernde militärische Besetzung 
Kurhessens sowohl Osterreich als der Bundestag sehr bald 
energischen Einspruch erhoben hätten. Schon die bloße 
Drohung brachte in Wien eine starke Aufregung hervor. 
Offenbar hätte die preußische Rüstung nur dann rechten 
Sinn und volle Bedeutung gehabt, wenn man in Berlin ent- 
schlossen gewesen wäre, die hessische Frage, wie es 1850 
Fürst Schwarzenberg gethan, zum Ausgangspunkt einer allge- 
meinen deutschen Entscheidung, auf die Gefahr eines großen 
Kriegs mit Osterreich und den Mittelstaaten, zu machen. Ob 
König Wilhelm persönlich diesen Gedanken gehabt hat, weiß 
ich nicht, sicher ist, daß er im Cabinet nicht vorhanden war. 
Damals war Herr von Bismarck, so eben aus Petersburg 
nach Paris versetzt, in Berlin. Graf Bernstorff befragte ihn 
um seine Meinung. Bismarck entgegnete: der Umstand, daß 
der Kurfürst einen königlichen Brief auf den Tisch geworfen 
hat, ist ein wenig geschickter Casus belli; wollen Sie aber 
Krieg, so ernennen Sie mich zu Ihrem Unterstaatssecretär; 
dann mache ich mich anheischig, Ihnen binnen vier Wochen 
einen deutschen Bürgerkrieg bester Qualität fertig zu liefern. 
Aber mit Entsetzen zog Graf Bernstorff zurück. Indessen 
zeigte sich schon jetzt, was ein entschlossenes preußisches Wort 
in Deutschland bedeutete. Das schöne Gesammtwirken Rech- 
berg's und Bernstorff's in der hessischen Sache hatte zwei 
Monate lang keinen Bericht des Bundesausschusses herbei- 
zuführen vermocht: jetzt, als Preußen mit der Hand am Schwert 
ein Ultimatum stellte, war in wenigen Tagen der österreichisch- 
preußische Antrag vom 8. März auf Herstellung der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.