Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

438 Verfassungsstreit in Berlin und Frankfurt. 1862 
Verfassung von 1831 zum Bundesbeschluß erhoben, worauf 
dann unzögerlich auch das hessische Ministerium, des anständigen 
Vorwandes froh, seine Entlassung einreichte. Es vergingen 
darauf noch einige Wochen, bis ein neues Cabinet hergestellt 
war; der Wunsch Preußens, ausgesprochene Vertreter des alten 
Rechtszustandes an die Spitze treten zu sehen, wurde zwar 
nicht erfüllt, dann aber einer der bisherigen Beamten, ein 
Herr von Dehn-Rotfelser, zum leitenden Minister ernannt, 
der zu angenehmer Überraschung der sonstigen Welt und zu 
großem Verdrusse des Kurfürsten, sich gewissenhaft und auf- 
richtig auf den Boden des alten Rechts stellte, die Wieder- 
einführung der Verfassung von 1831 verkündigte, und sofort 
Wahlen nach dem Wahlgesetz von 1849 ausschrieb. 
Immerhin war Preußens Sieg über den Kurfürsten, 
den Bundestag und das einst in Olmütz eingeweihte System 
nicht mehr in Frage zu stellen. Es war in ganzem Umfange 
ausgeführt, was das letzte Haus der Abgeordneten so eifrig 
von der Regierung gefordert hatte. 
In noch wärmerer Übereinstimmung befanden sich Re- 
gierung und Volksvertretung bei einer handelspolitischen 
Action, welche in raschem Verlaufe eine solche Ausdehnung 
gewann, daß sich daran die Sprengung der ganzen deutschen 
Bundesverfassung zu entzünden drohte. 
Schon seit geraumer Zeit war bei den Sachverständigen 
des Zollvereins die Überzeugung vorhanden, daß der be- 
stehende Zolltarif, vor dreißig Jahren abgefaßt, im Verlauf 
der Zeit an einzelnen Stellen nach augenblicklichen Antrieben 
oder unzulänglichen Compromissen verändert, weder in sich 
selbst ein grundsätzlich geordnetes Ganze bilde, noch dem 
bisher erfolgten Wachsthum der deutschen Industrie weiter
	        
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