444 Verfassungsstreit in Berlin und Frankfurt. 1862
Herr von Beust zeigte gleich nachher dem preußischen Cabinet
Sachsens Beitritt an. Rasch nach einander folgten diesem
Beispiel Baden, Oldenburg, die thüringischen Staaten.
Inzwischen aber hatte Osterreich seinen Feldzug, und
zwar auf doppeltem Kriegsschauplatz, fortgesetzt. In den
identischen Noten vom 2. Februar hatten, wie wir sahen, die
dabei vereinigten Staaten fernere Conferenzen über Bundes-
reform angekündigt und Preußen dazu eingeladen, dieses aber
die Theilnahme an einem so hoffnungslosen Werke abgelehnt.
Jetzt erließ der Wiener Hof die Einladung auf's Neue, und
hier schloß sich Sachsen nicht aus. Die vier Königreiche,
beide Hessen und Nassau sandten ihre Vertreter, und am
7. Juli eröffnete in Wien Graf Rechberg die erste Conferenz,
mit dem Vorschlage, für die Berathung eines deutschen Civil-
und Criminalgesetzes einen Versuch mit der-Hinzuziehung
einer Versammlung von Delegirten der deutschen Kammern
zu machen. Dies bedeutete die Ausführung eines freilich kleinen
Bruchstücks aus dem großen Reformplan Schmerling's und
Fröbel's, mit dem hier, wie wir uns erinnern, auch Beust's
Antrag übereinstimmte; man begreift, daß für diesen die Lockung
trotz aller Handelsverträge unwiderstehlich war. Sachsens
Losung hieß seitdem: für Preußen im Zollverein, für Osterreich
in Bundessachen. Sodann erschien am 10. Juli bei allen Zoll-
vereinsstaaten ein Antrag des Grafen Rechberg, unter Bei-
behaltung des bisherigen Zollvereinstarifs Gesammtösterreich
in den Zollverein aufzunehmen, und wenn dies geschehen, Oster=
reich und Preußen gemeinschaftlich zu Verhandlungen mit Frank-
reich und England über Handelsverträge zu bevollmächtigen.
Preußens Verhalten zu diesen Schritten der Hofburg war
gegeben. In Bezug auf die Bundesreform blieb man bei der