1862 Das Abgeordnetenhaus streicht die Kosten der Heeresreform. 453
zweijährigen Dienstzeit, wurde einen Augenblick von Herrn
von Roon als vielleicht annehmbar bezeichnet, am folgenden
Tage aber nach näherer technischer Erwägung als zu bedenk—
lich für die innere Consistenz der Truppenkörper abgelehnt.
Auch im Hause hatte er kein besseres Schicksal; er fiel durch
eine dreifach überlegene Mehrheit. Das Ende war am
23. September die Streichung aller Ausgaben für die Heeres—
reform im Betrage von beinahe sechs Millionen Thalern.
Also eine gebieterische Einladung an die Regierung, die neuen
117 Bataillone wieder aufzulösen, und in irgend einer Form
Verzeihung dafür nachzusuchen, daß sie im laufenden Jahre
vor Bewilligung des Budgets schon neun Monate lang die
Kosten derselben ausgegeben hatte.
So war der Conflict in voller Schärfe vorhanden, der
Conflict nicht bloß der Forderungen, sondern der Rechte.
Denn unbezweifelt war bisher das Recht der Krone,
die Ziffer der jährlichen Aushebung und demnach die Zahl
und Stärke der für die Einstellung erforderlichen Regimenter
zu bestimmen, unbezweifelt aber auch das Recht des Hauses
der Abgeordneten, neue Ausgaben, die nicht durch ein Gesetz
vorgeschrieben wären, zu streichen. Der König sagte mit
gutem Grunde, daß durch eine übermäßige Anspannung dieses
Budgetrechts sein kriegsherrliches Amt zum inhaltlosen Scheine
würde. Aber ebenso bestimmt kam die Erwiderung, daß die
Leistung einer von dem Hause abgelehnten Ausgabe eine
Verletzung der Verfassung in sich schlösse.
Es gab wenige Menschen damals in Preußen, die nicht
von der Wahrheit dieser Behauptung durchdrungen gewesen
wären; Altliberale und linkes Centrum, Katholiken und Fort—
schrittspartei, mochten sie nun die letzten Beschlüsse loben