Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

470 Polnische Wirren. 1856 
Mächte, der Kaiser werde es nicht in Anregung bringen. 
lbrigens, setzte er hinzu, wenn Preußen und Österreich etwa 
befürchteten, durch die Schöpfung eines solchen polnischen 
Nationalstaates um ihre polnischen Provinzen zu kommen, so 
läge ja die Möglichkeit nahe, daß sie sich auf deutschem Boden 
reichlich entschädigten. Preußen ließ es bei diesem Gespräche 
bewenden, Graf Buol aber, der österreichische Minister, sandte 
eine Erklärung nach Paris, das Wiener Cabinet halte fest 
an dem zu Anfang des Kriegs verkündeten Grundsatz, daß 
man die Beschützung der Türkei, aber keine Anderung des 
europäischen Besitzstandes bezwecke. So erlangten die Polen 
nichts. Gleich nach dem Beginne der Friedensunterhandlungen 
1856, sagte Napoleon dem Fürsten Czartoryski: zum ersten 
Male drücke ich Ihnen die Hand mit einem peinlichen Gefühl; 
aber es ging nun einmal nicht anders. Den Wunsch 
Napoleon's, auf dem Pariser Friedenscongreß für Polen 
politische Rechte zu fordern, lehnte Osterreich ganz entschieden 
ab, und auch England, in der Sache einverstanden, fand den 
Vorschlag höchst „inopportun": so begnügte sich der Congreß 
mit einer Erklärung des Fürsten Orloff, daß Kaiser Alexander II. 
das Mögliche für die Verbesserung der Lage Polens thun würde. 
Später sagte wohl Napoleon, wenn die Polen ihn um Unter- 
stützung drängten: was wollt Ihr, Ihr habt die günstige Ge- 
legenheit des Krimkriegs versäumt; so faßt Euch jetzt in Ge- 
duld; glaubt an meine Theilnahme und hofft auf die Zukunft. 
In der That war die Gegenwart den polnischen Interessen 
nicht günstig. Da Napoleon gleich nach dem Pariser Con- 
greß seine Gedanken auf die Vertreibung der Osterreicher aus 
Italien richtete und zu diesem Zwecke nahe Beziehungen zu 
Rußland anzuknüpfen suchte, so konnte von einer Unterstützung
	        
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