1863 Unsichere Lage in Polen. 509
vertheilt: bei einer solchen Machtentfaltung war man, was
auch jenseits der Grenze geschehen mochte, der Ruhe im eigenen
Land gewiß und für jede weitere Entschließung gerüstet.
Alvensleben hatte auf der Rückreise in Warschau die dortige
Regierung siegessicher und also über die preußische Convention,
bei der sie als hülfsbedürftig erschien, sehr verdrießlich gefunden.
Sie trug denn auch in der Instruction für die russischen
Generale Sorge, die Fälle und die Ausdehnung der Grenz-
überschreitung auf ein möglichst geringes Maaß zu beschränken,
was dann natürlich entsprechende Weisung für die preußischen
Truppenführer zur Folge hatte. Über die thatsächlichen Ver-
hältnisse in Polen berichteten sonst Alvensleben und die ihn
begleitenden Officiere wenig erbauliche Kunde. Es gab keine
sichere Leitung und keinen festen Plan in dem Armeecommando;
jeder Corpsführer operirte auf eigene Faust; einig waren sie
nur in ihrem Widerwillen gegen Wielopolski, den sie ohne
Weiteres als Reichsverräther betrachteten. Das Land wimmelte
jetzt in allen Provinzen von bewaffneten Banden, meistens
kleiner Kopfzahl, da die Bauern den Anschluß an die Revo-
lution hartnäckig versagten; größere Haufen zeigten sich nur
im Südwesten, in Folge des aus Schlesien oder Galizien
herüber kommenden Zuzugs. Uberall verkündeten die Führer,
daß auswärtige Hülfe nahe sei, und belebten damit den Muth
ihrer Leute. Bei dieser allseitigen Ungewißheit der dortigen
Lage hielt Bismarck es für angemessen, den Großmächten
über Preußens Haltung auch nicht den leisesten Zweifel zu
lassen. Am 11. Februar hatte er ein Gespräch mit dem
englischen Gesandten Sir Andrew Buchanan. Er bereitete
ihn vertraulich auf den Abschluß einer Convention mit Ruß-
land zu gemeinschaftlicher Unterdrückung des Aufstandes vor.